Die Schuhe zu groß, eine schwarze Melone auf dem Kopf, Zweifingerbart und Gehstock: In seiner Figur des exzentrisch gekleideten Tramp oder Landstreichers wurde der Komiker Charlie Chaplin zum berühmtesten Star der Stummfilm-Ära (Glossar: Zum Inhalt: Stummfilm), seine weltweite Popularität trug maßgeblich zum Aufstieg Hollywoods bei. Der Vagabund, den Chaplin zwischen 1914 und 1936 in dutzenden Filmen verkörperte, ist ein Außenseiter, ein Tollpatsch und ein Träumer. Wo immer ihn sein Weg hinführt, stellt er die herrschende Ordnung auf den Kopf. Chaplins fünf Langspielfilme mit dem Tramp in der Hauptrolle könnte man als die ersten Zum Inhalt: Tragikomödien der Filmgeschichte bezeichnen: Denn seinen universell verständlichen Zum Inhalt: Slapstick-Humor nutzt er darin als Werkzeug, um so sozialkritische wie sentimentale Geschichten zu erzählen, in denen Solidarität und Fantasie über Ungerechtigkeit triumphieren.

In "Der Zirkus" ("The Circus" , USA 1928) verschlägt es Chaplins schmächtigen Helden in einen Wanderzirkus. Dessen fieser Direktor terrorisiert seine Tochter Merna und seine Artist/-innen, die sich abmühen, ein verwöhntes Publikum bei Laune zu halten. Dann stolpert der Tramp in die Manege – auf der Flucht vor der Polizei, die ihn für einen Taschendieb hält. Mit seiner Unbeholfenheit versetzt er die Zuschauenden unbeabsichtigt in Lachkrämpfe. Der Direktor wittert Erfolg. Er stellt den Arglosen für einen Hungerlohn als Aushilfe ein, nur um ihn dann "versehentlich" jede Show in ausgelassenes Chaos stürzen zu lassen. Der tollpatschige Tramp wird zum Star, ohne es zu wissen. Bis Merna, für die er heimlich schwärmt, ihm verrät, was er wirklich wert ist.

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Wie schafft es Chaplin, auch heute – nach hundert Jahren – mit seinem Slapstick-Humor zu unterhalten und zu berühren? Eine mögliche Antwort gibt der Film selbst: Der kleine Tramp bringt die Menschen ungewollt zum Lachen, wo die Zirkus-Clowns mit ihren einstudierten Nummern scheitern. Und auch Chaplin lässt in seinen Filmen perfekt Einstudiertes spontan und leichtfüßig wirken. Dazu nutzt er ein fast experimentelles Set-up: In eine Szenerie, die nach festen Regeln funktioniert, lässt er seine anarchische Figur fallen wie in ein Reagenzglas. Die Situation, die daraus entsteht, wird ausgereizt und eskaliert, bis die Funken fliegen. Dabei, und hierin liegt wohl seine größte und andauerndste Errungenschaft, verbindet er seine absurde physische Komik aber immer mit zutiefst menschlichen Gefühlen, die nachhallen, nachdem das Lachen verstummt. Virtuos spielt Chaplin mit den Reaktionen und Sympathien des Publikums.

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In einer berühmten Zum Inhalt: Sequenz aus "Der Zirkus" sperrt der Tramp sich auf der Flucht vor einem garstigen Esel versehentlich in einen Löwenkäfig. Während das gefährliche Raubtier – Chaplin steht in der Zum Inhalt: Szene einem echten Löwen gegenüber! – in der Ecke schlummert, befördert ihn jeder Ausbruchsversuch noch tiefer in den Schlamassel. Als er endlich von Merna befreit wird, nutzt er – der gerade noch in der Ecke zitterte – die Gelegenheit, um vor ihr den furchtlosen Löwenbändiger zu spielen. Doch beim ersten Knurren flieht er aus dem Käfig und direkt auf einen hohen Mast. Hier könnte die Zum Inhalt: Szene enden, mit dem Tramp als Loser und Witzfigur: Stattdessen improvisiert er von seinem Zufluchtsort aber noch einen charmanten Tanz für Merna und landet dann mehr oder weniger elegant auf dem Boden. Wir lachen nicht mehr über, sondern wieder mit ihm.

Die Inszenierung (Glossar: Zum Inhalt: Mise-en-Scene) ist schnörkellos. Trotz einiger Perspektiv-Tricksereien funktioniert die statische Kamera (Glossar: Zum Inhalt: Kamerabewegungen) eher als Zeugin für Chaplins elektrisierend ausdrucksstarkes Zusammenspiel von Pantomime und Akrobatik. Einige Zeitgenossen warfen dem früheren Vaudeville-Komiker deshalb vor, er wisse die Möglichkeiten des neuen Mediums nicht zu nutzen. "Ich brauche keine interessanten Zum Inhalt: Kameraperspektiven," entgegnete Chaplin darauf angeblich, "ich bin interessant."

Der Text ist lizenziert nach der Creative Commons Attribution-NonCommercial-NoDerivs 3.0 Germany License.

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