Kategorie: Film
"Striche ziehen"
Dokumentation über die Kunstaktion der Punk- und Friedensbewegung im geteilten Berlin
Unterrichtsfächer
Thema
Der Dokumentarfilm "Striche ziehen" ist kostenfrei als Zum externen Inhalt: Streaming-Angebot in der bpb-Mediathek (öffnet im neuen Tab) verfügbar.
"Macht aus dem Staat Gurkensalat!" wird Anfang der 1980er-Jahre an die Mauern der Weimarer Hochschule für Architektur gesprüht. Der dadaistisch anmutende Protest kommt aus dem Umfeld von Punk und Friedensbewegung, das sich im Montagskreis der Weimarer Jakobskirche versammelt, die auch nicht-religiösen Jugendlichen selten gewordene Freiräume bietet. Doch kurz nach der Sprühaktion werden einige der Aktivisten verhaftet. Wie sich Jahre später herausstellt, hat ein enger Vertrauter als IM für die Stasi gearbeitet und sie verraten. Nach genehmigten Ausreiseanträgen treffen sich fünf der Weimarer Freunde 1985 in West-Berlin wieder. Dass man die Mauer auf der anderen Seite als buntes Sightseeing-Objekt wahrnimmt, motiviert sie erneut zum Protest: Über die komplette Berliner Mauer wollen sie einen weißen Strich ziehen. Weil sie dabei auch Hoheitsgebiet der DDR betreten müssen und ein Teilnehmer von Grenzsoldaten verhaftet wird, wird die Aktion jedoch am zweiten Tag abgebrochen.
"In Striche ziehen" von Gerd Kroske geht es um die Vor- und Nachgeschichte dieser Kunstaktion ehemaliger DDR-Bürger an der Westberliner Mauer. Der Dokumentarfilm untersucht Fragen nach Schuld und Vergebung im Rahmen der jüngeren deutschen Geschichte. Das Striche-Ziehen dient Kroske dabei als Metapher für die unterschiedlichen Perspektiven auf die Mauerperformance und deren Kontext: Ging es dem Großteil der Freunde darum, dem einseitigen Mauerbild des Westens einen Strich durch die Rechnung zu machen, wollte einer der Protagonisten auch einen Strich unter die Vergangenheit setzen. Durch die späte Enthüllung der Bespitzelung zieht sich der Strich für die anderen wiederum bis in die Gegenwart. Kroske ist nicht an einer narrativen Darstellung dieser Ereignisse interessiert, sondern an filmischer Erinnerungsarbeit. Er verzichtet auf Erzählerstimme (Glossar: Zum Inhalt: Voiceover), Texttafeln und Jahreszahlen. Stattdessen tritt er als Vermittler mit der Kamera auf, interveniert, widerspricht, fragt nach: beharrlich, aber selten suggestiv.
Obwohl konkrete persönliche Schicksale verhandelt werden, berührt der Film eine ganze Reihe von Themen deutsch-deutscher Geschichte: Protest und Jugendkultur in der DDR, die Wahrnehmung der Mauer in Ost und West, die Bespitzelung im Künstler- und Intellektuellenmilieu und die politische und moralische Aufarbeitung der Stasi-Überwachung. Kroske setzt dabei einiges an Wissen über die Lebensumstände in der DDR voraus und so sollte eine Beschäftigung mit "Striche ziehen" . im Unterricht gut vorbereitet sein. Die Behandlung von "Striche ziehen" bietet sich aber nicht nur im Kontext jüngerer deutscher Geschichte an. Ebenso könnte auch die diskursive Form der filmischen Geschichtsdarstellung behandelt werden, die sich vor allem in den Interviews der Zeitzeugen darstellt.