Kategorie: Filmbesprechung
"Der Himmel über Berlin"
Wim Wenders' Meisterwerk in restaurierter 4K-Fassung und einem anmutendem Wechsel zwischen Schwarz-Weiß- und Farbfilm
Unterrichtsfächer
Thema
Berlin 1986: Die beiden Engel Damiel und Cassiel streifen nur für Kinder sichtbar durch die geteilte Stadt und stehen den unterschiedlichsten Menschen zur Seite. Sie schenken ihnen aufmerksame Blicke, ein warmes Lächeln, eine Umarmung. Doch mehr als ein Wohlgefühl, das ihre kaum wahrnehmbaren Gesten hinterlassen, vermögen sie nicht zu geben. Nicht immer können sie Unglück von den Menschen abwenden. Als Damiel sich in die Trapezkünstlerin Marion verliebt, reicht ihm das Engelsdasein nicht mehr. Er sehnt sich nach echten Berührungen und Beziehungen. Bestärkt vom US-amerikanischen Schauspieler Peter Falk, der einst selbst ein Engel war, entschließt sich Damiel für die Verwandlung in einen Menschen.
In "Der Himmel über Berlin" spielt der Schauplatz (Glossar: Zum Inhalt: Drehort/Set) die Hauptrolle. Wenige Jahre vor dem Fall der Mauer zeichnet der Regisseur Wim Wenders ein vorwiegend in Schwarzweiß gefilmtes, poetisches Stimmungsbild Berlins und seiner Bewohner/-innen aus der Beobachterperspektive der Engel. Sie bewegen sich frei durch die Stadt und blicken in private Wohnungen, Geschäfte, unterirdische Bunker und öffentliche Gebäude hinein. Sie sehen auch das Treiben auf belebten Straßen, an wichtigen Orten der Stadtgeschichte sowie im Niemandsland entlang der innerdeutschen Grenze. Ihre schwerelosen Bewegungen werden durch schwebende Kamerafahrten (Glossar: Zum Inhalt: Kamerabewegungen) und Aufnahmen aus der Vogelperspektive (Glossar: Zum Inhalt: Kameraperspektiven) imitiert. Großaufnahmen (Glossar: Zum Inhalt: Einstellungsgrößen) von Menschen und deren aus dem Zum Inhalt: Off hörbare Gedanken spiegeln die Fähigkeit der Engel, menschliche Gefühle lesen zu können. Teils werden historische Archivbilder als Erinnerungssequenzen einzelner Figuren in die filmische Gegenwart montiert (Glossar: Zum Inhalt: Montage). Der allmähliche Wechsel von Schwarz-Weiß zum Farbfilm (Glossar: Zum Inhalt: Farbgestaltung) visualisiert Damiels Sehnsucht nach dem Menschsein und zeigt schließlich seine Verwandlung an. Die wechselhafte Zum Inhalt: Filmmusik zwischen Orchester-Stücken und Rocksongs unterstreicht hingegen die verschiedenen Milieus und Gefühlszustände der Porträtierten.
In Wim Wenders’ wohl bekanntestem Film fließen poetische Reflexionen über das menschliche Dasein mit Momentaufnahmen aus der Gegenwart Berlins kurz vor dem Mauerfall ineinander. Zwischen Zum Inhalt: Fantasyfilm und Realismus (Glossar: Zum Inhalt: Neorealismus) bietet der Film einen Zugang zur künstlerischen Auseinandersetzung mit philosophischen Fragestellungen im Medium Film. Durch die Analyse der Figuren und filmischen Gestaltungsmittel können in den Fächern Deutsch oder Kunst die thematische wie ästhetische Vielschichtigkeit des Films erschlossen werden. Eine Einordnung in das deutsche und europäische Autorenkino kann im Anschluss erfolgen. Die Beschäftigung mit anderen Kunstformen, die der Film aufgreift – etwa Peter Handkes Gedicht Das Lied des Kindes, die Musik von Nick Cave & The Bad Seeds oder die Schwarzweiß-Fotografie –, schärft den Blick für Wechselwirkungen zwischen den Künsten. In Philosophie, Ethik oder Religion kann die Rolle von Engelsfiguren oder die besondere Stellung des Kindes im Film genauer untersucht werden. Im Fach Geschichte bieten die eingebetteten Bildquellen aus der Vergangenheit Berlins sowie die historisch bedeutsamen Schauplätze, die symbolisch vor allem für die Zeit der deutschen Teilung stehen, bezugsreiches Material für historische Fragestellungen.