Kategorie: Filmbesprechung
"Wo ist das Haus meines Freundes?"
Khane-ye doust Kodjast?
Ein Achtjähriger widersetzt sich dem Gebot seiner Eltern, weil er seinem Freund helfen will.
Unterrichtsfächer
Thema
Mohammad, Zweitklässler einer iranischen Dorfschule, wird von seinem Lehrer ermahnt, die Hausaufgaben nicht auf lose Blätter, sondern in sein Heft zu schreiben. Sollte er dies ein weiteres Mal vergessen, droht ihm der Schulverweis. Auf dem Heimweg steckt Achmed, Freund des Gescholtenen, versehentlich dessen Schulheft ein. Trotz des elterlichen Verbots macht er sich auf den Weg ins Nachbardorf, um es Mohammad zurückzugeben, findet das Haus seines Freundes aber nicht. Am nächsten Morgen erwartet dieser den Tränen nah den Tadel des Lehrers, doch im letzten Augenblick steckt ihm Achmed das Heft mit den bereits gemachten Hausaufgaben zu.
In autoritären Regimes hat es geradezu Tradition, dass sich Filmemacher/-innen scheinbar harmlosen Zum Inhalt: Genres wie dem Zum Inhalt: Kinderfilm zuwenden, um unter dem Deckmantel des Naiven etwas freier erzählen zu können. Im iranischen Kino hat sich so eine bemerkenswerte Filmblüte entwickelt, für die beispielhaft Abbas Kiorastamis Erzählung steht. In ästhetischer Hinsicht sucht Kiarostami die Nähe zum klassischen Zum Inhalt: Dokumentarfilm: Die Kamera beobachtet das Geschehen in langen Zum Inhalt: Einstellungen, zeigt Achmed auf seinem Weg zum Dorf in einer Panoramaansicht (Glossar: Zum Inhalt: Einstellungsgrößen), und bewegt sich nur, wenn sie den Bewegungen des Jungen in der labyrinthischen Enge des Dorfes mit Schwenks (Glossar: Zum Inhalt: Kamerabewegungen) folgt.
Die inhaltliche Kritik am iranischen Mullah-Regime ist geschickt in der Handlung verborgen: Obwohl der Junge Achmed ein berechtigtes Anliegen hat – er will seinem Freund helfen – nehmen ihn die meisten Erwachsenen nicht ernst und bevormunden ihn. Ähnlich fühlen sich viele Iraner/-innen von ihrem Staat gegängelt. Diese gleichnishafte Erzählweise findet sich auch in anderen Klassikern des iranischen Kinos, etwa in Bahram Beizais "Baschu, der kleine Fremde" ("Baschu gharibeh kutschak," Bahram Beyzaie, IR 1986) und könnte mit der expliziten Regimekritik der Exiliranerin Marjane Satrapi in ihrem Zum Inhalt: Animationsfilm Zum Filmarchiv: "Persepolis" (FR/ USA 2007) verglichen werden. Daran anschließend ließe sich in höheren Klassenstufen erörtern, inwiefern autoritäre Staaten eher indirekt operierende Kunstformen hervorbringen – eine geeignete Vergleichsgröße sind "Ostblock"-Filme wie Andrej Tarkowskis Zum Filmarchiv: "Stalker" (UdSSR 1979). In der Grundschule bieten die inneren Konflikte des jungen Helden hingegen viele Anknüpfungspunkte, um Erfahrungen der Schüler/-innen mit Autoritäten und Kindsein anzusprechen.