Das Gedenken an den deutschen Widerstand gehört zum Selbstverständnis des heutigen Deutschlands. Nach Graf von Stauffenberg, den Geschwistern Scholl und mittlerweile auch Georg Elser wurden Straßen, Plätze und Schulen benannt, sie sind Vorbilder. Dass dem Film in deren Vermittlung eine zentrale Rolle zukommt, erscheint evident angesichts einer kleinen, aber äußerst vielfältigen Personengruppe, deren Taten oft von diesen selbst als symbolischer Beitrag für die Nachwelt empfunden wurden. Ihr Ideal eines "anderen Deutschlands" sollte als Beispiel dienen, der von den Nationalsozialisten geschaffenen Volksgemeinschaft von willigen Täter/-innen und Mitläufern/-innen etwas entgegensetzen. Blickt man allerdings auf die filmische Verarbeitung ihrer fast immer tragischen Schicksale, tun sich Brüche auf. Filme über den Widerstand waren keineswegs immer willkommen. Oft trafen sie selbst auf Widerstand, auch in Form berechtigter Kritik. Das verwundert nicht, bewegen sich Widerstandsfilme doch notwendig in einem Spannungsfeld zwischen Benennung der Schuld und rückwirkender Entlastung.

Ein Tabu wird gebrochen: Filme über den 20. Juli

Am Anfang stand ein fast schon absurder Wettbewerb zweier Filme. Georg Wilhelm Pabsts "Es geschah am 20. Juli" und Falk Harnacks "Der 20. Juli" , eine Produktion von Artur Brauners CCC-Film in Berlin, kamen 1955 im Abstand von nur zwei Tagen in die bundesdeutschen Kinos. Beide Filme formulieren klar das Anliegen der handelnden Personen, "den letzten Rest von Deutschlands Ehre und Ansehen in der Welt" zu retten. Auch in der heute steif wirkenden, dokumentarisch nüchternen Aufarbeitung des missglückten Stauffenberg-Attentats auf Adolf Hitler am 20. Juli 1944 gleichen sie sich. Die eher verhaltene Aufnahme durch Publikum und Presse war aber nicht allein in dieser unglücklichen Konkurrenz und schwacher Zum Inhalt: Dramaturgie begründet. Bis weit nach dem Krieg galten die Männer des 20. Juli noch immer als "Landesverräter". Selbst wohlwollende Kritiken stellten die Frage, ob ein Film überhaupt geeignet sei, ein solch komplexes Thema anzugehen. Dem Bruch eines Tabus wurde mit Unbehagen begegnet. Das heutige Urteil, die ersten Filme zur Offiziersrevolte des 20. Juli hätten den Mythos der "sauberen Wehrmacht" befördert, wird dadurch nicht widerlegt, muss aber im historischen Kontext betrachtet werden.

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Harnacks Film "Der 20. Juli" kommt überdies das Verdienst zu, den Widerstand in seiner ganzen Bandbreite abzubilden. Neben den handelnden Militärs finden sich zumindest Hinweise auf illegale Arbeitergruppen, kirchlichen Widerstand und den Kreisauer Kreis. Der Grund ist leicht auszumachen: Regisseur Harnack war mit Mitgliedern nahezu aller dieser Gruppen bekannt oder sogar verwandt. Nach dem Krieg künstlerischer Direktor der DEFA, hatte er die DDR aufgrund der Auseinandersetzungen um sein kritisches NS-Drama "Das Beil von Wandsbek" (DDR 1951) verlassen. In der Bundesrepublik drehte er 1962 die erste Fernsehadaption (Glossar: Zum Inhalt: Adaption) von Hans Falladas Widerstandsroman "Jeder stirbt für sich allein". Die auf Tatsachen beruhende Geschichte eines Berliner Arbeiterpaars, das nach dem Tod seines Sohnes im Krieg Postkarten-Botschaften gegen Hitler in der ganzen Stadt auslegt, inspirierte später noch mehrere Verfilmungen sowohl in der Bundesrepublik als auch in der DDR. Darin erschöpfen sich allerdings die Gemeinsamkeiten. In der Widerstandsthematik gingen die beiden deutschen Staaten getrennte Wege. Wurden im Westen langsam Graf Stauffenberg und die Geschwister Scholl zu zentralen Figuren aufgebaut, konzentrierte sich die DDR auf den kommunistischen Widerstand. Neben naheliegenden Propagandawerken wie "Thälmann – Sohn seiner Klasse" (1953/54) und "Ernst Thälmann – Führer seiner Klasse" (DDR 1955) von Kurt Maetzig ist hier auch Frank Beyers KZ-Drama "Nackt unter Wölfen" (DDR 1963) zu nennen, in dem kommunistische Häftlinge unter großen Opfern, aber auch Streitigkeiten im Konzentrationslager Buchenwald einen jüdischen Jungen verstecken. In der Schilderung von Einzelschicksalen gelang es ostdeutschen Filmemachern gelegentlich, die von der SED vorgegebenen Erzählstrukturen zu durchbrechen.

Widerstandsfilme als Selbstverortung einer Generation

Mit Zum Filmarchiv: "Die weiße Rose" wandte sich Michael Verhoeven 1982 einer Widerstandsgruppe aus der Mitte der Gesellschaft zu – insofern kann sein Film als Schnittstelle des Genres betrachtet werden. In der Münchner Studentengruppe kreuzten sich humanistischer, christlicher und militärischer Widerstand. Die Fronterlebnisse der Wehrmachtsoldaten Hans Scholl und Willi Graf bilden eine wesentliche Motivation im Film, wie in der historischen Realität suchen sie über Falk Harnack Kontakt zur Berliner Widerstandsgruppe um Falks Bruder Arvid und Harro Schulze-Boysen. Nachdem Sophie eher ungewollt dazu stößt, stehen jedoch die Geschwister Scholl im Mittelpunkt der Filmerzählung. Um ihren Mut zu zeigen, werden die heimlichen Flugblattaktionen der Weißen Rose wie ein Spionagethriller (Glossar: Zum Inhalt: Thriller) inszeniert. Dabei agieren sie keineswegs allein. Die meisten im Film zu sehenden Personen haben eine Abneigung gegen das NS-System, die Nazi-Sympathisanten/-innen erscheinen eindeutig in der Minderheit. "So wie wir denken viele", lautet entsprechend ein letzter Satz Hans Scholls vor dem Volksgerichthof – eine im Rahmen der Filmerzählung folgerichtige Fehleinschätzung. Verhoevens Inszenierung des studentischen Widerstands erscheint wie ein Nachklang von 1968, der Regisseur selbst nannte die Friedensbewegung der 1980er-Jahre als Parallele. Filme über den Widerstand dienen offenbar immer auch der generationellen Selbstverortung. Die Frage "Wie hättest du dich verhalten" zielt nicht nur auf die Vergangenheit, sondern auch auf die Gegenwart.

Der Historiker Lukas Bartholomei allerdings sieht in der Entschuldung der "schweigenden Mehrheit" das Hauptmotiv der frühen Widerstandsfilme – in Ost und West. Es ist eine häufige Kritik, die nur wenige Ausnahmen kennt, etwa Klaus Maria Brandauers "Georg Elser – Einer aus Deutschland" (BRD 1989). Brandauer zeigt den Hitler-Attentäter, dessen kurz nach Kriegsbeginn 1939 im Münchner Bürgerbräukeller platzierte Bombe knapp ihr Ziel verfehlt, als verlorenen Einzelgänger. Es ist ein Film über das Nicht-Reden-Können, in einem von Spitzeltum und Kriegsberauschtheit besessenen Volk. Die Erklärung seiner Tat im Verhör wirkt wie eine Replik auf Verhoevens Sophie Scholl: "Einer muss es ja machen." Er ist allein, einer in ganz Deutschland, und er weiß es.

Widerstandserzählungen nach 1990 – persönlich und emotional

Um die Jahrtausendwende ist die Zahl von Filmen zum Nationalsozialismus sprunghaft angestiegen – ein Boom, der mit Zum Filmarchiv: "Der Untergang" (DE/IT 2004) seinen Höhepunkt erlebte. Widerstandsfilme waren meist bemüht, einem sich dabei abzeichnenden Trend entgegenzuwirken: Die allzu unbefangene Reproduktion faschistischer Ikonografie in Form von Hakenkreuzen und Massenaufmärschen galt es zu vermeiden. So ist etwa der historische Teil in Margarete von Trottas Zum Filmarchiv: "Rosenstraße" (DE 2003), in dem Frauen aus "Mischehen" erfolgreich für die Freilassung ihrer jüdischen Männer protestieren, in betont kühlen, farbentsättigten Bildern (Glossar: Zum Inhalt: Farbgestaltung) gestaltet. In Zum Filmarchiv: "Sophie Scholl – Die letzten Tage" (DE 2005) entfaltet Marc Rothemund das Verhör der jungen Studentin nach ihrer Festnahme als minimalistisches Zum Inhalt: Kammerspiel. Damit entspricht er allerdings einem weiteren Trend, nämlich der Personalisierung und Emotionalisierung von Widerstandserzählungen. Die filmische Darstellung des Widerstands ist über die Jahre individueller, und zugleich jünger und weiblicher geworden – im verständlichen Bemühen, die Vorbilder gerade späteren Generationen zu vermitteln. Rothemunds willensstarke Märtyrerin und der Einzelgänger Georg Elser, der in Oliver Hirschbiegels gelungener Neuverfilmung Zum Filmarchiv: "Elser – Er hätte die Welt verändert" (DE 2015) eine deutliche Verjüngung erfuhr, gleichen einander mehr als ihren kinematographischen Vorgängern.

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Wenig beachtet werden bis heute die "kleinen" Formen des Widerstands wie der sogenannte "Rettungswiderstand", Arbeitersabotage und die im Kontrast zu all den anderen gänzlich unbürgerliche Jugendrebellion der Edelweißpiraten. Niko von Glasows roh geschnittener (Glossar: Zum Inhalt: Montage), körperbetonter Film "Edelweißpiraten" (DE 2004) über die Kölner Gruppe, die sich mit der Hitlerjugend prügelte und jüdische Menschen und Fahnenflüchtige versteckte, wurde in dieser Phase des glatten "Retro- Zum Inhalt: Melodrams" (Filmhistorikerin Sonja M. Schultz) kaum wahrgenommen.

Vorbilder zwischen Mahnung und Vereinnahmung

Eine erstaunliche Entwicklung lag zuletzt in der Internationalisierung des Widerstandsgedenkens. Mit unterschiedlich erfolgreichen Filmen wie Zum Filmarchiv: "Operation Walküre – Das Stauffenberg-Attentat" ("Valkyrie" , USA/D 2008, R: Bryan Singer), der Neuverfilmung "Jeder stirbt für sich allein" ("Alone in Berlin" , D/GB/F 2016, R: Vincent Perez) und der Kriegsverweigerer-Geschichte Zum Filmarchiv: "Ein verborgenes Leben" ("A Hidden Life" , USA/D 2019, R: Terrence Malick) widmet sich seit einiger Zeit auch das englischsprachige Ausland dem deutschen Thema. Steven Spielbergs Holocaust-Drama Zum Filmarchiv: "Schindlers Liste" ("Schindler's List" , 1993), als emotionalisiertes Porträt einer sehr ambivalenten Widerstandsfigur seinerzeit heftig umstritten, erweist sich im Nachhinein als eine erste Annäherung. Zwar folgte 2023 mit Zum Filmarchiv: "In Liebe, Eure Hilde" (DE 2024) eine wichtige deutsche Ergänzung. Andreas Dresens Porträt der lange als kommunistisch verfemten "Roten Kapelle" ehrt neben der Hauptperson Hilde Coppi auch weitere Frauen des Widerstands, wie Ina Ender-Lautenschläger, Liane Berkowitz oder Libertas Schulze-Boysen. Doch inzwischen bewegt die Frage nach der Verführbarkeit der Masse und dem individuellen Verhalten unter totalitärer Herrschaft die ganze Welt. Als Vorbilder, Identifikationsfiguren und auch als Projektionsfläche moderner Sehnsüchte nach Selbstbestimmung und Handlungsfähigkeit haben die Männer und Frauen des Widerstands also keineswegs ausgedient. Was die mediale Auseinandersetzung angeht, ist eher das Gegenteil der Fall: Sie scheinen uns näher zu rücken, je weiter das unmenschliche System, das sie bekämpften, in der Vergangenheit verschwindet.

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