Unter der Bezeichnung "Rote Kapelle" fasste die NS-Diktatur einen prosowjetischen Spionagering in Paris und Brüssel sowie den Berliner Widerstandskreis um den Offizier Harro Schulze-Boysen und den Oberregierungsrat Arvid Harnack zusammen. Beide Gruppen waren nur lose miteinander verbunden. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Netzwerk konträr rezipiert: Während die Widerstandskämpfer/-innen in der Bundesrepublik lange als sowjetische Spione und Spioninnen verunglimpft wurden, stilisierte das SED-Regime sie in der DDR zu antifaschistischen Helden und Heldinnen. Angeregt wurden diese Darstellungen im Kalten Krieg durch zwei filmische Interpretationen in der DDR und in der BRD. Der Zum Inhalt: Dokumentarfilm von Carl-Ludwig Rettinger kombiniert Ausschnitte dieser filmischen Aufbereitungen mit historischen Aufnahmen sowie Interviews (Glossar: Zum Inhalt: Talking Heads) mit Zeitzeugen/-innen, Historikern/-innen und Nachkomm/-innen zu einer akribisch recherchierten Chronik der Ereignisse.

Der Regisseur arbeitet mit Filmausschnitten die unterschiedliche Wahrnehmung der Roten Kapelle in Ost und West heraus. 1971 realisierte Regisseur Horst E. Brandt den DEFA-Spielfilm "KLK an PTX – Die Rote Kapelle" . 1972 inszenierte Franz Peter Wirth die deutsch-französisch-italienische TV-Serie "Die Rote Kapelle" . Während bei der DDR-Produktion die Staatssicherheit die Darstellung der Ereignisse steuerte, beeinflussten bei der ARD-Serie ehemalige Funktionäre des NS-Regimes die filmische Interpretation. Eine komplexe Zum Inhalt: Montage verknüpft in teils hohem Erzähltempo diese Zum Inhalt: Sequenzen mit Fotos, Wochenschau-Material, Interviews mit Nachkommen und Historikern wie Guillaume Bourgeois oder Hans Coppi junior zu einem vielgestaltigen Hybridfilm, bei dem ein Off-Erzähler (Glossar: Zum Inhalt: Voiceover) zusätzlich den historischen Hintergrund erläutert. Rettinger bemüht sich auch, verbliebene "blinde Flecken" auszuleuchten. So zeigt er auf, wie die sowjetische Führung die Fehler des stalinistischen Geheimdienstes zu vertuschen versuchte, indem sie eigene Spitzenspione wie Leopold Trepper jahrelang im Gefängnis verschwinden ließ.

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Insbesondere im Fach Geschichte, können die Schüler/-innen herausarbeiten, wie sich die Gruppen der Roten Kapelle zusammenfanden und welche (humanistische) Motivation die einzelnen Mitglieder verband. Hierbei kann auch erörtert werden, welchen Hintergrund die Namensgebung der "Roten Kapelle" durch die Geheime Staatspolizei (Gestapo) hatte: Aus welchem Grund unterstellte die Gestapo diesen deutschen Widerstandszellen mit unterschiedlichen Weltanschauungen Spionage für die kommunistisch regierte Sowjetunion? Am Beispiel der Berliner Freundesgruppen und der Agentenringe in Paris und Brüssel lassen sich im Politikunterricht Formen des politischen Widerstands untersuchen und ihre unterschiedliche Rezeption während des Kalten Krieges. Zudem können Unterschiede zwischen den Gruppen der Roten Kapelle und anderen Widerstands- und Oppositionsgruppen wie den Stauffenberg-Kreis, die Weiße Rose oder die Bekennende Kirche erarbeitet werden. Seinen Film hat Rettinger den 102 Widerstandskämpfer/-innen der Roten Kapelle gewidmet, die hingerichtet wurden, sich das Leben nahmen oder in Vernichtungslagern umkamen. Mit seiner Neubewertung ihrer Aktivitäten gibt er im Fach Ethik Denkanstöße zu Werten wie Zivilcourage, Widerstand und Menschenrechte in Diktaturen. Im Kunstunterricht kann erörtert werden, wie dramatische Zum Inhalt: Spielfilmszenen genutzt werden, um dokumentarische Bildfolgen zu emotionalisieren. In Geschichte sollte die unterschiedliche Rezeption der Aktivitäten der Roten Kapelle in der DDR und BRD analysiert werden.

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