Kategorie: Filmbesprechung
"Edward mit den Scherenhänden"
Edward Scissorhands
Märchen um einen sensiblen, künstlich erschaffenen jungen Mann, der in einer Kleinstadt wegen seines sonderbaren Äußeren als Monster angefeindet wird
Unterrichtsfächer
Thema
Anfang der 1990er-Jahre galt Tim Burton ("Wednesday" , Serie, USA seit 2022, C: Alfred Gough, Miles Millar) als vielversprechender Newcomer, der sich mit einer eigenen Vision zwischen den Polen Arthouse und Mainstream bewegt. "Edward mit den Scherenhänden" ("Edward Scissorhands" , USA 1990) festigte diesen Ruf. Auf den Kassenhit "Batman" (USA/GB 1989) ließ Burton einen melancholischen Zum Inhalt: Fantasy-Film folgen, dessen skurrile Prämisse unter anderem das Filmstudio Warner Bros. verschreckte: Der junge Johnny Depp tritt als sonderbarer Protagonist auf, der Scheren statt Finger besitzt. Doch auch wenn der in eine Ledermontur gehüllte, vernarbte und kreidebleiche Edward äußerlich wie ein Monster erscheint – als wahrhaft monströs entpuppt sich letztlich nicht er, sondern die engstirnige, grausame Spießergesellschaft. Darin folgt Burton der zentralen Botschaft fast aller Monsterfilme (Glossar: Zum Inhalt: Genre).
Die Geschichte spielt in einem konservativen US-Vorort (Glossar: Zum Inhalt: Drehort/Set). Im verlassenen Schloss, das darüber thront, findet die Kosmetikvertreterin Peg den künstlich erschaffenen Menschen Edward, dessen Erfinder starb, bevor er ihm anstelle provisorischer Scherenfinger richtige Hände montieren konnte. Kurzerhand nimmt Peg den Verlassenen in ihrer Familie auf. So neugierig und unschuldig wie ein Kind entdeckt Edward das Leben der Menschen, für die der "geheimnisvolle Besuch" eine Attraktion ist. Der Sonderling brilliert mit überaus virtuosen Formschnitten der Hecken und Büsche, bald frisiert er mit seinen flinken Scherenhänden auch die ortsansässigen Hausfrauen. Zunächst fasziniert Edwards künstlerisches Wesen die Gemeinschaft, dann aber wandelt sich die Stimmung und er muss vor dem wütenden Mob die Flucht ergreifen.
Schon der verspielte Zum Inhalt: Vorspann zum fantasievollen Score (Glossar: Zum Inhalt: Filmmusik) von Danny Elfman und die Rahmung des Zum Inhalt: Plots als Gutenachtgeschichte, die eine Frau ihrer Enkelin erzählt, markieren den Film als Märchen. Die zentralen Motive erinnern an Frankenstein und das Die Schöne und das Biest. Wie so oft bei Burton steht mit Edward ein Außenseiter im Mittelpunkt. Manchen unter den Einwohner/-innen gilt er als "behindert", eine fanatisch religiöse Nachbarin nennt ihn eine "Perversion der Natur". Burton zeigt Edwards Integration mit Humor, wenn sich die langen Scheren etwa bei der Übernachtung in einem Wasserbett als hinderlich erweisen. Schon bald allerdings kippt das Geschehen ins Tragische: Statt Edwards Inneres und seine Traurigkeit wahrzunehmen, nutzen die Vorstädter/-innen ihn schamlos für ihre Zwecke aus. Als sich Edward in Pegs Tochter Kim verliebt, scheint das unglückliche Ende unausweichlich. Das Finale fällt düster aus, wenn der in die Enge getriebene und tief verunsicherte Edward eine zerstörerische Kraft entfaltet und schließlich zurück ins Schloss flüchtet.
Der Zauber entsteht auch durch die originelle Zum Inhalt: Inszenierung, die von Burtons Vorliebe für skurrilen Horror geprägt ist. Konstitutiv ist der Kontrast zwischen dem gotischen Schloss, in dem Edward erschaffen wurde, und den bunten Häusern (Glossar: Zum Inhalt: Farbgestaltung) im überzeichneten Vorort. Die grellen Teppiche in den Wohnungen und die pinken Lockenwickler der Frauen kontrastieren Edwards Gothic-Stil und haben einen satirischen Gehalt. Und die unter anderem vom expressionistischem Zum Inhalt: Stummfilm (Glossar: Zum Inhalt: Expressionismus) inspirierten Kulissen (Glossar: Zum Inhalt: Production Design/Ausstattung) sind mehr der Filmkunst verpflichtet als der Realität. Das verdeutlichen auch Anspielungen auf Klassiker wie Zum Filmarchiv: "E.T. – Der Außerirdische" ("E.T. the Extra-Terrestrial" , Steven Spielberg, USA 1982) oder der Kurzauftritt der Horrorfilmikone Vincent Price.
Bei aller Kreativität ist Burton voller Empathie für seine ausgegrenzte Titelfigur. In einer rührenden Zum Inhalt: Szene, die das Herz des Films auf den Punkt bringt, schneidet Edward kurzerhand das Sichtfeld eines Hundes frei, dessen Fell die Augen verdeckt hatte. Für den Hund spielt keine Rolle, ob er Edward sieht oder nicht – das Tier spürt instinktiv, dass der Scherenmann ihm nichts Böses will. Den Menschen geht derlei Feinsinn ab, sie sehen vor allem das sonderbare Äußere. So endet die Geschichte tragisch, der "Freak" Edward ist zu ewiger Einsamkeit verdammt.