Kategorie: Filmbesprechung
"Nora in New York"
Nora ist schwerhörig und auf einem Auge blind. Mit der Unterstützung ihrer Eltern und Lehrer/-innen kann sie trotzdem eine reguläre Gesamtschule besuchen. Eindrücklich vermittelt der Dokumentarfilm, wie sie ihren Alltag wahrnimmt – und wovon sie träumt.
Unterrichtsfächer
Thema
Zum externen Inhalt: "Nora in New York" (öffnet im neuen Tab) in der Mediathek von Planet Schule
Der Zum Inhalt: Dokumentarfilm "Nora in New York" begleitet die schwerhörige Nora durch ihren Alltag in der Gesamtschule, beim Arzt und bei ihr zu Hause. "Ich bin immer die Erste auf dem Schulhof, weil ich’s gerne ruhig hab." Mit diesem Satz aus dem Zum Inhalt: Off empfängt die 13-jährige Nora das Publikum. Zum Hören braucht Nora ihre Hörgeräte, die alle Geräusche gleich laut werden lassen. Deswegen mag sie die Stille sehr. Außerdem ist sie seit ihrer Geburt auf einem Auge blind.
In der Schule versteht Nora ihre Lehrer/-innen und Mitschüler/-innen meistens nur, wenn diese durch Mikrofone sprechen. Die Dokumentation begleitet Nora durch verschiedene, mitunter speziell inszenierte Situationen in der Schule. So macht Nora zwar im Sportunterricht mit, aber besonders Ballspiele fallen ihr nicht leicht, weil sie wegen ihres blinden Auges nicht gut räumlich sehen kann. Immer wieder greift die Regisseurin Anna Wahle dabei den Zum Inhalt: Ton auf, damit die Zuschauenden wahrnehmen, was Nora hört. Besonders eindrucksvoll stechen die Pausen heraus, in denen Nora durch die ungefilterte Geräuschkulisse isoliert scheint.
Der große Traum: New York
Der Film kontrastiert dies mit den ruhigen Momenten bei Nora zu Hause, wenn sie die Zeit mit ihrer besten Freundin Nati verbringt. Die beiden Mädchen teilen einen Traum: eine Reise nach New York. Dafür lernt Nora auch nach der Schule Englisch, denn durch ihre Hörbehinderung fällt es ihr schwer, die fremde Sprache richtig zu verstehen und zu sprechen. Bei einer entspannenden Massage am Ende des Filmes träumt sich Nora schon einmal mit Nati nach New York.
Nora kommentiert dabei stets selbst im Zum Inhalt: Voiceover das Geschehen. So erfährt das Publikum direkt von den Gefühlen und Eindrücken der Schülerin. Außerdem verzichtet der Film fast vollständig auf den Einsatz von Zum Inhalt: Musik. Stattdessen nimmt die Dokumentation häufig die Geräusche der Umwelt von Nora auf, die sich in der Wahrnehmung des Mädchens häufig zu einem "Geräuschbrei" vermischen.
Wenn Lärm und Stille aufeinanderprallen
Wiederholt setzt die Regisseurin im Film bewusst harte Tonschnitte ein, um Lärm und Stille aufeinanderprallen zu lassen. So kann das Publikum zum Beispiel gut nachvollziehen, dass Nora in den Pausen die Stille der Bibliothek genießt. Deutlich wird, dass Nora ständig zwischen der für sie zu lauten und ihrer stillen Welt hin und her wechseln muss.
All diese filmsprachlichen Mittel führen dazu, dass die Dokumentation stets nah bei dem Mädchen bleibt. Es wird nicht über Nora berichtet, sondern direkt aus ihrer eigenen Perspektive. Ihre Probleme und Hindernisse spricht Nora dabei ohne Zögern an. Gleichzeitig zeigt der Film, dass Kinder mit Behinderungen eine reguläre Schule besuchen können, wenn das gesamte Umfeld zusammenarbeitet und individuelle Lösungen findet.
Außergewöhnliche Tongestaltung und Authentizität
Die Dokumentation gehört zur Reihe "dok‘ mal!", einem Online-Filmbildungsangebot für Kinder und Jugendliche, das vom Westdeutschen Rundfunk (WDR) produziert wird. "Nora in New York" gibt einen persönlichen Einblick in den Alltag einer schwerhörigen und halb erblindeten Schülerin. Außergewöhnlich sticht vor allem die Tongestaltung heraus. Zudem setzt die Regisseurin auf größtmögliche Authentizität und lässt Nora für sich sprechen. Dadurch schafft die Dokumentation vor allem eines: Sie zeigt, dass Nora auch mit ihrer Behinderung ein junges Mädchen bleibt, das vor allem hart für ihren großen Traum arbeitet: New York, New York.