Unter den zahlreichen Apparaten des späten 19. Jahrhunderts, die zur Herstellung bewegter Bilder erfunden wurden, hat sich der Zum externen Inhalt: Kinematograph (öffnet im neuen Tab)der Gebrüder Lumière durchgesetzt und damit einen Standard für das Kino als kulturelle Praxis etabliert: Im Gegensatz zum Zum externen Inhalt: Kinetoskop (öffnet im neuen Tab)von Thomas Edison sollte nicht allein in einen Guckkasten geschaut werden, sondern als Publikum gemeinsam auf eine Leinwand. In den ersten Jahren ab 1895 war das "Wunder des bewegten Bildes" als solches Attraktion genug: Fahrende Schausteller/-innen zeigten auf Jahrmärkten und in Wanderkinos bunte Sammelsurien aus Militärparaden, Städte- und Naturaufnahmen. Für die Gestaltung ihrer Kurzfilmprogramme kauften sich die Schaubudenbesitzer/-innen Filmrollen zusammen. Ein Film und sein Preis bemaßen sich in Metern, nicht in Minuten.

Illustration zu einer Kinematopgraphen-Vorführung 1897 (© picture alliance/Mary Evans Picture Library)

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Filme als Bühnennummer

Rasch fand das Kino einen Platz in festen Spielstätten, zunächst in den Varieté-Theatern der europäischen Metropolen. Als Programmteile eines abendfüllenden Gesamtspektakels bildeten Kurzfilme dort erste fiktionale " Zum Inhalt: Genres" heraus: Gags, komische Alltags Zum Inhalt: szenen, Zaubertricks. Die Zum externen Inhalt: Tableau (öffnet im neuen Tab)-artige Zum Inhalt: Frontalperspektive dieser Filme mit Zum Inhalt: statischer Kamera war weniger technischen Hürden gezollt als den Sehgewohnheiten des Varieté-Publikums. Das Kino mit seinen illusionistischen Möglichkeiten erwies sich als ganz besonders geeignet, den Bühnenzauber zu verstärken. Georges Méliès, der seine Filme bereits international vertrieb, setzte mit den Tricktechniken und visuellen Effekten in seinem viertelstündigen Fantasyfilm "Die Reise zum Mond" (1902) Maßstäbe: Zum Inhalt: Überblendungen, Doppelbelichtungen, Zum Inhalt: Split Screens, Stopptricks. Handkoloriert war der Film, also in Zum Inhalt: Farbe – wie geschätzt achtzig Prozent der zeitgenössischen Filme. Schwarzweiß ist das Kino in seinen Anfängen nicht gewesen, und auch nicht Zum Inhalt: stumm: vor, neben oder hinter der Leinwand traten Kinoerklärer/-innen, Zum Inhalt: Pianist/-innen, Orchester oder Schauspieler/-innen in Interaktion mit den bewegten Bildern und dem Publikum.

Der Filmpionier Georges Méliès in seinem Stummfilm "Un homme de têtes" , 1898 (© StudioCanal)

 StudioCanal

Kino für die Massen

Ab 1905 emanzipierte sich das Kino in rasantem Tempo mit eigenen Vorführräumen in den Großstädten: Die amerikanischen Nickelodeons und ihr europäisches Pendant der Ladenkinos waren wenig komfortable Säle, der Eintritt kostete etwa so viel wie ein kleiner Laib Brot und nur ein Fünftel eines Besuchs im Varieté-Theater. So machten sie das Kinoerlebnis einem städtischen und proletarischen Massenpublikum zugänglich. In den dunklen Räumen wurde Alkohol getrunken, geraucht und eng beisammen gesessen. Die Behörden sahen in den Ladenkinos die öffentliche Moral bedroht und versuchten der schwer kontrollierbaren Wirkung des Visuellen auf die alkoholisiert-erregten Sinne mit Zensur und Ausschanklizenzen beizukommen. Die Filmthemen entwickelten sich von der theatral-performativen Bühnennummer weiter zu narrativen Genres mit längeren, in sich geschlossenen Handlungen. Abenteuerfilme, Komödien, Zum Inhalt: Western, aber auch soziale Dramen und Zum Inhalt: Melodramen sprachen die Bedürfnisstruktur eines nun großenteils weiblichen Publikums an. Insbesondere in den USA verlangten die Nickelodeons nach immer mehr und immer längerem Erzählstoff; der filmische Einakter entwickelte sich zum Multi-Shot-Film mit wechselnden Kamerapositionen und Szenen, die Kinoerklärer/-innen ersetzten Zwischentitel. In dieser Zeit der rasanten Expansion wirkten auch viele Frauen in den zentralen Gewerken der Filmherstellung – etwa als Drehbuchautorinnen, Regisseurinnen oder auch als Cutterinnen.

Eine Kinovorstellung im Jahr 1913 (© picture alliance/United Archives)

picture alliance / United Archives | FE 124517

Eine neue Industrie

Hinter der Leinwand wurde der Kampf um die Kontrolle über das Filmerlebnis zwischen den Kinobetreiber/-innen und den Produktionsfirmen bis etwa 1907 zugunsten letzterer entschieden. Die Filme wurden nicht mehr an die Kinos verkauft, sondern in einem regulierten Verleih-Kreislauf ausgewertet. In den USA wehrten sich unabhängige Filmemacher/-innen gegen die rigorosen Marktbeherrschungsmethoden der Motion Picture Patents Company. Sie zogen ab 1910 mit ihren Studios an die Westküste und gründeten Hollywood. Méliès‘ Filmstudio, eines der ersten in Frankreich, war der Handwerksbetrieb eines kreativen Tüftlers gewesen. Die ökonomische Expansion des Kinos zwang die Filmindustrie nun in die Organisationsformen industrieller Massenproduktion. In Arbeitsteilung wurden hier in Länge, Form und Inhalt hoch standardisierte Filmträume am Fließband produziert. Zur ökonomischen Wertsteigerung der Ware Film übertrug der aus Deutschland stammende Studioboss Carl Laemmle das vom Theater bekannte Starsystem auf das Kino, indem er 1910 Florence Lawrence zum strahlenden Gesicht seiner Gesellschaft IMP machte.

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Für das zur Perfektion getriebene amerikanische Erzählkino ist David W. Griffiths monumentales dreistündiges Epos "Intoleranz" (1916), mit Produktionskosten von rund zwei Millionen Dollar für lange Zeit der mit Abstand teuerste Film weltweit, ein vollendetes Beispiel: Zum Inhalt: Parallelmontage, Zum Inhalt: Schuss-Gegenschuss-Verfahren, Zum Inhalt: Kamerafahrten, Variation der Zum Inhalt: Einstellungsgrößen – sämtliche bahnbrechenden Erfindungen dieser Jahre dienten dazu, räumliche Kontinuität zu etablieren und die Illusion zu generieren, der filmische Raum erstrecke sich über den Leinwandrand hinaus. Eine homogene fiktive Welt entstand so im Kopf der Zuschauenden, die sich ganz dem Sog des Imaginären hingeben konnten. Als weltweit verstehbares "Esperanto des Auges" avancierte das Kino zur universellen Kunstform des 20. Jahrhunderts schlechthin, die die menschliche Wahrnehmung grundlegend verändern sollte.

Kulturerlebnis für das Bürgertum

Zwischen 1905 und 1913 verzwölffachte sich allein in Berlin die Zahl der Kinosäle von 16 auf 206. Knapp 20 Jahre nach der ersten Vorführung waren Kinos in deutschen Großstädten bereits so etabliert, dass die Mehrheit der Jugendlichen dort über Filmerfahrung verfügte. Abendfüllende Spielfilme liefen nun in Kinopalästen mit mehr als 1000 Plätzen und eigenem Hausorchester. Kino wandelte sich zu einem Kulturerlebnis für bürgerliche Schichten. Entsprechend sicherte die künstliche Verknappung der Ware Film durch exklusive Auswertungsfenster den Palastbesitzern eine kaufkräftige Klientel. Die Ladenkinos verkamen zu Nachspielstätten für die ärmere Bevölkerung. In Deutschland hatte Oskar Messter bereits 1903 eine Produktionsfirma gegründet. Lange dominierte aber die französische Firma Pathé auch den deutschen Markt, nach dem Ersten Weltkrieg fluteten amerikanische Produktionen die deutschen Kinos. General Ludendorff hatte bereits während des Krieges die "überragende Macht des Bildes und Films als Aufklärungs- und Beeinflussungsmittel" erkannt und ließ 1918 die UFA gründen.

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Der Aufschwung der deutschen Filmindustrie gipfelte 1922 in einem Jahresrekord von 474 Spielfilmen. Ganz auf die narrative und expressive Kraft der Bilder setzte Friedrich Wilhelm Murnaus Meisterwerk "Der letzte Mann" (1924), der mit wenigen, geschickt in die Geschichte eingebundenen Zwischentiteln auskam. Seine "entfesselte Kamera", von Kameramann Karl Freund auf ein Fahrrad und sogar auf eine Seilbahn montiert, bewegt sich ohne Stativ im Raum, erzählt aus der subjektiven Perspektive des Protagonisten und findet für dessen Gefühle originär filmische Ausdrucksmittel. Kino, schrieb der französische Filmkritiker André Bazin zwanzig Jahre später, ist auch eine Sprache.

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