Kategorie: Hintergrund
Der Ton macht den Film
Wie die Geräusche für das Kino entstehen
Es knarzt, es knirscht, es knuspert – ohne Geräusche hört sich ein Film nicht echt an. Viele von ihnen werden jedoch nicht bei den Dreharbeiten aufgezeichnet, sondern in der Postproduktionsphase in einem Studio individuell für jeden Film hergestellt – von so genannten Geräuschemachern/innen.
Ein Fuchs soll sich in der Nähe des beschaulichen Bauernhofs des alten Petterssons aufhalten. So beschließt der alte Mann mit seiner Katze in Zum Filmarchiv: " Pettersson und Findus. Kleiner Quälgeist – große Freundschaft " (Ali Samadi Ahadi, Deutschland 2013), dem Fuchs ein Schnippchen zu schlagen: Ein Feuerwerk soll den Fuchs verjagen. Als die beiden die Abläufe proben, klettert Findus aufs Dach, wo Pettersson ihm ein Gespensterkostüm über den Kopf zieht. Wir hören die Schritte von Findus auf der knarzenden Leiter und das Rascheln des Stoffs. Als Findus schließlich auf einer Seilbahn in den Hof hinuntergleitet, hören wir das metallische Quietschen des Drahtseils. Seine Fahrt endet, als er gegen einen Baum prallt. Ein comicähnliches Geräusch ertönt, es gibt einen dumpfen Knall und wir hören das Rascheln der Blätter des Busches, in den Findus stürzt. Kein Zweifel, dass sich die Szene auch unter freiem Himmel ereignet. Denn ganz unscheinbar ist im Hintergrund auch noch das sanfte Rauschen des Windes erkennbar.
Ein Film ohne Geräusche klingt nicht echt
Die Filmwelt von Pettersson und Findus ist voll von Geräuschen. Und doch fallen die meisten zunächst überhaupt nicht auf. Wenn wir sehen, wie Findus oder Pettersson durch das Bild gehen, dann erwarten wir, dass auch ihre Schritte zu hören sind. Mehr noch: Wir erwarten auch, dass die Schritte sich unterschiedlich anhören, wenn sie über einen vermoosten Waldboden, über Kies, über Sand oder über Holz führen. Weil es normal ist, dass jede Bewegung mit einem Geräusch verbunden ist, setzen wir diese als natürlich voraus. Und so ist es vielmehr auffällig und irritierend, wenn Geräusche in Filmen fehlen.
Um die Illusion einer natürlich wirkenden Filmwelt zu erhalten, sind die passenden Geräusche daher unerlässlich. Viele jener Geräusche eines Films werden jedoch nicht bei den Dreharbeiten aufgezeichnet, sondern in der Zum Inhalt: Postproduktionsphase in einem Studio individuell für jeden Film hergestellt – von so genannten Geräuschemachern/innen.
Von den Schritten zu den Handlungsgeräuschen
Während auf einem Monitor oder einer Leinwand im Studio eine Filmszene läuft, wartet der/die Geräuschemacher/in auf seinen/ihren Einsatz. Er/sie hat die Szene bereits einmal gesehen, kennt das Zum Inhalt: Drehbuch und hat eventuell schon mit der Regie besprochen, wie die Szene sich schließlich anhören soll. Um im Tonschnitt einen größeren Gestaltungsspielraum zu haben, werden insbesondere bei Kinoprojekten, die später im Mehrkanalton aufgeführt werden, alle Geräuschebenen nacheinander auf getrennten Spuren aufgezeichnet.
Zunächst werden die Schritte aufgenommen. Dafür müssen Schuhe ausgewählt werden, die zu den Figuren passen: So klingen Petterssons Stiefel etwa anders als die Schuhe seiner Nachbarin Beda oder als die Schuhe von Gustavsson. Im Tonstudio stehen auch verschiedene Unterlagen zur Verfügung – etwa Holz, Beton oder Teppich. Um Schritte auf Waldboden zu imitieren, werden zum Beispiel mit feinem Sand und mit Blättern gefüllte Stofftaschen auf Zementboden gelegt. Während die Filmszene läuft, ahmt der/die Geräuschemacher/in schließlich synchron zu dieser die Schritte der Filmfiguren nach. Ein gutes Ohr ist dabei ebenso wichtig wie ein Gespür dafür, mit welchem Rhythmus Menschen gehen und wie sich die Stimmung von diesen in deren Gang spiegelt. Sind sämtliche Schritte einer Szene aufgezeichnet, folgen im nächsten Durchgang die Geräusche, die durch Kleidung oder Bewegungen gemacht werden. Unterschiedliche Stoffe, die zusammengeknüllt oder aneinander gerieben werden, dienen dafür als Grundlage. Handlungsgeräusche, wie etwa Geschirrklappern, folgen im Anschluss. Und auch hier wird jede Aktion einzeln aufgenommen.
So war bei "Pettersson und Findus" die Szene besonders aufwendig, in der Pettersson sein Fahrrad repariert. In einer Zum Inhalt: Zeitrafferaufnahme pumpt Pettersson das Fahrrad auf, wirft Werkzeug- und Metallteile zur Seite, pumpt weiter, entfernt weitere Metallteile und überprüft schließlich, ob die Räder sich drehen. Für jede Handlung war ein eigenes Geräusch notwendig.
Zwischen Klangarchiv und kreativem Handwerk
Ein Sammelsurium an Gegenständen und Materialien ist für diese Arbeit wichtig und jede/r Geräuschemacher/in baut im Laufe der Jahre eine Materialsammlung zur Herstellung unterschiedlichster Geräusche auf – von Schuhen über Stoffe bis hin zu Türrahmen. Selbst Lebensmittel, wie etwa Stärke, Erbsen oder gar Selleriestangen kommen zum Einsatz. Manche Gegenstände werden dagegen eigens angefertigt, um etwa quietschende Türen oder Fahrräder zu imitieren.
Obwohl zahlreiche Geräusche auch standardisiert in Klangarchiven verfügbar sind – wie etwa die Geräusche der Feuerwerkskörper in "Pettersson und Findus" – wirken die eigens und per Hand für einen Film hergestellten Geräusche jedoch oft authentischer und stimmiger. Dass die Materialien, die zur Herstellung der Geräusche eingesetzt werden, nicht immer auch den Gegenständen entsprechen, die im Film zu sehen sind, spielt dabei keine Rolle. Wichtiger ist der authentische Klang. So kann mit alten Tonbändern das Knistern von Feuer nachgeahmt werden – oder auch das Rascheln von Laub und Blättern.
Manchmal aber ähnelt sich die Situation beim Dreh und im Tonstudio. In "Pettersson und Findus" rutscht Pettersson in einer Szene auf Eiern aus und stürzt. Das matschende Geräusch der kaputten Eier entstand durch einen eingeweichten Lederlappen, zerplatzte Tennisbälle und Eierschalen. Nachdem die Geräusche zu dieser Szene aufgenommen waren, musste auch der Boden des Tonstudios gereinigt werden.