Der Animationsfilm Zum Inhalt: Das Geheimnis der Perlimps ("Perlimps" , Alê Abreu, BR 2023) eröffnete 2023 die SchulKinoWochen Berlin. Die Vorstellung wurde von Schüler/-innen einer fünften Klasse aus Berlin vorbereitet und moderiert. Im diesem Artikel berichten wir, wie sich die Kinder zusammen mit uns als Filmvermittlerinnen dem Film angenähert haben und welche Fragen und Gedanken bei ihnen dazu entstanden sind. Eine gemeinsame Filmvorstellung samt Moderation vorzubereiten, ist eine filmvermittelnde Methode, die sich auch im Schulkontext, etwa im Rahmen eines Projekttages, anbietet.

Neonfarbene Bildflächen flackern wie visuelle Morsesignale auf, dazu eine sich steigernde Zum Inhalt: Filmmusik – schon der Zum Inhalt: Vorspann von "Das Geheimnis der Perlimps" lässt die überwiegend jungen Zuschauer/-innen bei der feierlichen Eröffnungsveranstaltung der SchulKinoWochen im Berliner Kino International gebannt auf die große Kinoleinwand schauen. Ein beeindrucktes Raunen geht durch den Saal. Genauso haben es zwei Wochen zuvor auch die Fünftklässer/-innen erlebt, als sie den Zum Inhalt: Animationsfilm zum ersten Mal im abgedunkelten Klassenzimmer sahen. Nun präsentieren sie ihn im großen Kinosaal.

Damals tobten Kinder im Schulflur vorbei, doch die Klasse folgte konzentriert der Geschichte der beiden Tierkinder Claé und Bruô. Die gemeinsame Sichtung und das anschließende Filmgespräch sollte den Kindern helfen, sich den Film zu erschließen und ein Moderationskonzept samt Fragen für das Publikum zu entwickeln. Zentrale Fragen waren dabei: Was wollt ihr bei der Eröffnung zum Film erzählen? Worüber wollt ihr mit den anderen Kindern reden? Bevor die Kinder den Film sahen, erklärten wir ihnen, was ein Filmfestival ist und welche Rolle dabei der Eröffnungsfilm spielt. Die Kinder erfuhren, wer den Film gemacht hat, was eine deutsche Synchronfassung ist und warum sie ihn in dieser Version sehen werden.

Über das Filmerleben sprechen: erste Eindrücke teilen

Nach der Filmsichtung gab es zunächst eine offene Gesprächsrunde, in der die Kinder ihre Eindrücke und Gefühle teilen und Verständnisfragen stellen konnten. Ihre eigenen Seherlebnisse durften dabei an allererster Stelle stehen: Sie schwärmten von den knalligen Farben im Film (Glossar: Zum Inhalt: Farbgestaltung), den meditativen Zum Inhalt: Szenen, in denen Bilder zu Mandalas werden und sich dann wieder in sich auflösen; von der geheimnisvollen Musik und der Langsamkeit der Erzählung, die gegen Ende von schnellen Verfolgungsjagden und der Verdichtung der Geschichte abgelöst wird. "So einen besonderen Film habe ich noch nie gesehen", fasste ein Kind sein Seherlebnis zusammen.

Ganz von selbst und ohne Impulse von unserer Seite formulierten die Schüler/-innen erste Fragen, die der Film aufwirft: "Was sind denn nun eigentlich die Perlimps? " und damit verknüpft: "Und was ist ihre Mission?" Herrschte anfangs noch Unsicherheit darüber, was denn nun das titelgebende Geheimnis der Perlimps sein könnte, entwickelten die Kinder im Gespräch und beim Austausch ihrer Seheindrücke dazu Ideen. Dass es nicht für alle Fragen eindeutige Antworten gab, verunsicherte einen Teil der Klasse, andere Kinder wiederum begeisterte diese Offenheit.

Filmgespräch im Kino International bei der Eröffnung der SchulKinoWochen 2023

SKW Berlin, Harriet Meyer

Im Gespräch Themen des Films erschließen

Im weiteren Filmgespräch arbeiteten wir mit den Schüler/-innen heraus, welche thematischen und visuellen Zugänge sie zum Film gefunden hatten und welche Themen sie bei der Veranstaltung im Kino besprechen wollten. Da zum damaligen Zeitpunkt der russische Angriffskrieg auf die Ukraine der aktuelle medial erlebte Krieg für die meisten Kinder war, wurde dieser für sie zum ersten inhaltlichen Anknüpfungspunkt. Gerade weil "Das Geheimnis der Perlimps" keinen Krieg an sich und in ganzer Tragweite zeigt, spielten für die Kinder vielmehr die Konflikte dahinter und die damit verbundenen Themen eine Rolle: "Warum wollen manche Menschen, dass ihre Länder größer werden?", "Warum denken manche Menschen, andere sind weniger wert als sie selbst?", "Was bedeutet Krieg für die Menschen, die damit leben müssen?" und "Welche Rolle spielt Umweltschutz überhaupt noch, wenn Krieg geführt wird?"

Gegen Ende des Films, als Claé wieder bei seinen Eltern ist, sieht er auch Bruô wieder. Es scheint, als würde Bruô verhaftet oder abgeführt werden. Diese Szene bewegte die Schüler/-innen sehr und regte sie dazu an, allgemein über den Umgang mit Minderheiten, über Rassismus und Diskriminierung zu sprechen. Ohne einordnende Erklärungen unsererseits erfassten die Kinder, dass der Film zu seinem Ende hin die Rollenspielebene aufbricht und einen stärkeren Realitätsbezug herstellt. Die Schüler/-innen schrieben den Figuren dadurch eine Beispielhaftigkeit zu und stellten Bezüge zu ihrem eigenen Leben her, etwa die gemeinsame Verantwortung für die Zukunft unserer Welt ist: "Wie soll es weitergehen, wenn Erwachsene nicht aufhören Kriege zu führen?", "Wie wird unsere Welt in Zukunft aussehen, wenn unsere Wälder weiterhin zerstört werden?" und "Was können wir als Kinder dagegen tun?"

Fragen für das Filmgespräch formulieren

Der persönlichste Anknüpfungspunkt war für die Schüler/-innen die Freundschaft zwischen Claé und Bruô, die sich im Verlauf des Films entwickelt und festigt: Immer wieder müssen die beiden im Film ihr Verhältnis ausloten, bis sie begreifen, dass sie eine gemeinsame Mission haben und sie nur zusammen erfüllen können. Dass ihre ambivalenten Gefühle auf der Bildebene aufgegriffen und verstärkt werden, war den Schüler/-innen während der Filmsichtung schnell aufgefallen: Nachdem Claé und Bruô von Flutlichtern verfolgt worden sind und Bruô misstrauisch wird, ob Claé nicht doch mit Captain Goldglanz unter einer Decke steckt, entbricht zwischen ihnen ein großer Streit. Zeitgleich beginnt ein Gewitter, die Filmmusik verstärkt die düstere Stimmung. Als Claé wütend herausbricht: "Wir sind Riesen!", friert das Filmbild ein und wir hören ein versöhnliches Gespräch. Zu dieser Szene merkte ein Kind an: "Es wäre so praktisch, wenn man im Streit manchmal auch einfach das Leben anhalten könnte, um sich zu besinnen." Die auf diese Szene folgenden spielerischen Animationen, die an den Blick in ein Kaleidoskop erinnern, nutzten die Kinder nach eigenen Worten "zum Verschnaufen von dem Streit zwischen Claé und Bruô".

Wie nebenbei wurde herausgearbeitet, was die beiden Figuren ausmacht, was sie auch voneinander unterscheidet und wie sie sich mit ihren unterschiedlichen Stärken gut ergänzen. "Wenn Claé nicht so mutig gewesen wäre, hätten sie nie herausgefunden, dass sie zusammenhalten sollten", meinte ein Kind. Darauf entgegnet ein anderes: "Wenn Bruô nicht so ruhig bei der Sache gewesen wäre, hätten sie es aber auch nicht rausgefunden." Sind Claé und Bruô befreundet oder nicht? Diese Frage beschäftigte die Schüler/-innen so sehr, dass sie diese auch mit den gleichaltrigen Kindern im Kino diskutieren wollten.

Philosophisches im Kinosaal

Wer oder was sind die Perlimps? Für die Fünftklässler/-innen war dies bis zum Ende eine wichtige und nicht eindeutig geklärte Frage. Deshalb war es den Kindern wichtig, dem Publikum im Kino International noch vor der Filmvorführung mitzugeben, dass der Film geheimnisvoll ist und manches auch geheimnisvoll bleibt. Und folglich stellen die Kinder-Moderatorinnen die Frage nach den Perlimps im Filmgespräch auch den anwesenden Kindern. Die richtigen Worte fanden alle, die sich sofort an den Saalmikrofonen in einer Schlange anstellten, um ihre Ideen zu teilen. "Ich glaube, die Perlimps, das ist tief im Inneren, das Gute des Menschen." Ein Kind ergänzte: "Ich glaube, es ist das, was es macht, dass die Menschen gut miteinander sind."

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