Der italo-amerikanische Türsteher Tony Vallelonga, wegen seiner großen Klappe auch "Tony Lip" genannt, kann angeblich gut mit "Ärger" umgehen. Für den afroamerikanischen Konzertpianisten Don Shirley qualifiziert er sich dadurch als Fahrer für seine Tournee durch die Südstaaten der USA (Glossar: Zum Inhalt: Drehort/Set) – im Jahr 1962 keine ungefährliche Unternehmung. Das titelgebende "Green Book", ein Handbuch für Afro-Amerikaner/-innen, das Hotels und Restaurants auflistet, zu denen ihnen der Zutritt erlaubt ist, wird für die gemeinsame Reise zur unverzichtbaren Orientierungshilfe. Während ihrer Fahrt durch den segregierten Süden, wo dem Musiker selbst von Weißen, die ihn als Künstler hofieren, offener Rassismus entgegenschlägt, kommt es zwischen Don Shirley und Tony Lip wiederholt zu Spannungen. Allmählich aber entwickelt sich zwischen dem ungebildeten und anfangs rassistisch eingestellten Chauffeur und seinem hochkultivierten Arbeitgeber eine echte Freundschaft.

Komödienregisseur Peter Farrelly verbindet in der auf wahren Begebenheiten basierenden Filmbiografie (Glossar: Zum Inhalt: Biografie/Biopic) das Zum Inhalt: Genre des Zum Inhalt: Roadmovies mit einem Blick auf den institutionalisierten Rassismus in den USA zu Beginn der 1960er-Jahre. Vor dem Hintergrund der Jim-Crow-Gesetze, die in allen Bereichen des öffentlichen Lebens die Rassentrennung regelten und erst 1964 aufgehoben wurden, entfaltet die Geschichte ihr komödiantisches Potenzial durch das Aufeinanderprallen zweier gegensätzlicher Charaktere. Dabei werden Klischees bewusst umgedreht: Der Angestellte ist weiß, ungehobelt und impulsiv, sein afro-amerikanischer Arbeitgeber eloquent und diplomatisch. Unterwegs treten zudem Tonys beschränkte Vorstellungen gegenüber Afroamerikanern/-innen zutage, wenn er etwa annimmt, Shirley würde wie "alle Schwarzen" liebend gerne Fried Chicken essen. Fragen nach Identität und "Rasse" stellen sich ebenso in der Begegnung mit einfachen Schwarzen Arbeitern wie auch in der Erfahrung von Polizeigewalt und Diskriminierung. In der Entwicklung, die beide Männer durchmachen, lässt sich "Green Book – Eine besondere Freundschaft" vor allem als ein Plädoyer für die Überwindung von Vorurteilen lesen. Dabei hat die Annäherung zwischen Tony und Don in der filmischen Idealisierung fast schon etwas Märchenhaftes: Am Ende wird sogar gemeinsam Weihnachten gefeiert.

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Im Englisch- und Geschichtsunterricht bietet sich anhand des Films die Beschäftigung mit der Rassentrennung in den USA vor dem Inkrafttreten des Bürgerrechtsgesetzes an, symbolhaft verkörpert in dem Handbuch. Dabei lassen sich manche Situationen im Film – etwa die Erfahrung mit polizeilicher Willkür – auch in den Kontext jüngerer Vorfälle stellen, die die Aktualität des Themas sichtbar machen. Die Frage der Identität ist sowohl für den Gemeinschaftskundeunterricht wie auch für das Fach Ethik relevant. In der Figur Shirleys, der sich durch seine "privilegierte" Position von den Schwarzen entfremdet hat, von den Weißen aber nur an seinem Platz am Klavier geduldet wird, stellt sich die Frage nach Zugehörigkeit in zugespitzter Weise. Dass der Weiße in "Green Book" dem Schwarzen zum Kontakt mit seiner eigenen Kultur verhilft, lässt sich dabei durchaus auch kritisch diskutieren – zumal es sich bei Farrelly um einen weißen Filmemacher handelt. Filmanalytisch bietet sich eine vertiefende Beschäftigung mit dem Genre Roadmovie und seiner Zum Inhalt: Dramaturgie an.

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