Kolumbien 2002: Mit 19 kam die Niederländerin Tanja Nijmeijer erstmals als Englischlehrerin in die Hauptstadt Bogotá. Täglich ist sie dort mit der Berichterstattung über den Bürgerkrieg, der seit den 1960er Jahren tobt, konfrontiert und verfolgt den Kampf der FARC (Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia). Schockiert von der Ungleichheit im Land, unterstützt Tanja die Guerilla-Armee und zieht in den Dschungel zur Kampfausbildung. Nach einem Angriff auf ihren Stützpunkt werden ihre Tagebücher gefunden und in einer kolumbianischen Zeitung veröffentlicht: Tanja schreibt über das tägliche Leben im Krieg, ihre Ängste und ihre Wut, mahnt aber auch die Korruption in den eigenen Reihen an. So wird Tanjas Geschichte zum internationalen Medienereignis. Die Suche nach Tanja beginnt, bald gilt sie als verschwunden, auch über ihre Ermordung durch die FARC wird spekuliert. Jahre später ist Tanja Teil der FARC-Delegation bei den Friedensverhandlungen, die 2016 einen der längsten Bürgerkriege Südamerikas beenden. Als die FARC die Waffen niederlegt, verliert die Revolutionärin ihren Lebensmittelpunkt und kann aufgrund eines internationalen Haftbefehls nicht zurück zu ihrer Familie in die Niederlande. Tanja ist gezwungen, sich ein neues Leben in Kolumbien aufzubauen.

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Marcel Mettelsiefens Zum Inhalt: Dokumentarfilm arbeitet mit Archivmaterial und Talking Heads, die aus ganz verschiedenen Perspektiven Tanjas Persönlichkeit skizzieren. Neben FARC-Mitgliedern, einer alten Studienfreundin und ihrer Mutter kommen kolumbianische Journalist/-innen zu Wort, die die politischen und historischen Zusammenhänge kurz und knapp erläutern. Die Strukturen, Ideologie und die Finanzierung der FARC durch Entführungen und Drogenhandel werden dabei nur angerissen. Tanja bekommt hingegen viel Raum, in teils atmosphärisch ausgeleuchteten (Glossar: Zum Inhalt: Licht und Lichtgestaltung) Interviewsituationen über ihre Überzeugungen und ihr Leben in der FARC zu sprechen. Tanja stellt sich selbst als Idealistin dar, die für eine bessere Welt zu den Waffen gegriffen hat und deren Treue zur FARC ungebrochen blieb. Sie kommt aber zur Einsicht, dass Waffengewalt heute nicht mehr der richtige Weg ist. Ihre Außenperspektive auf den Konflikt als Niederländerin problematisiert sie nicht. Die untermalende Zum Inhalt: Musik erzeugt dabei Empathie mit Tanjas zunehmend differenzierter Perspektive, wobei sie sich nur wenigen kritischen Fragen stellen muss.

Ist Tanja Terroristin oder Freiheitskämpferin? Schüler/-innen können fächerübergreifend diese Frage diskutieren und analysieren, ob Marcel Mettelsiefens Film eine Haltung vorgibt. Dazu ist es zielführend, die filmästhetischen Mittel und den Spannungsbogen genauer zu untersuchen. Die Geschichte Kolumbiens und die Hintergründe des Bürgerkriegs sollten im Geschichts- und Spanischunterricht vertiefend untersucht werden. In Sozialkunde, Geschichte, Religion und Ethik bietet es sich an, die Ideologie der FARC zu analysieren, zum Konflikt zwischen Landbevölkerung und städtischer Elite zu recherchieren und zu diskutieren, ob Waffengewalt ein legitimes Mittel im politischen Kampf sein kann. Abschließend sollten der Versöhnungsprozess und die Aufarbeitung des Konfliktes besprochen werden: Wie kann eine Gesellschaft nach einem Bürgerkrieg zusammenwachsen? Hier kann Tanjas persönliche Entwicklung und offener Umgang mit ihrer Täterschaft herangezogen werden.

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