Zwei kleine Jungen beugen sich weinend über ihren kleinen Bruder. Noch vor einem Moment hatten sie gemeinsam auf der Straße gespielt. Jetzt ist er tot, getroffen von einer Granate. Waad Al-Khateab filmt, schwenkt nicht weg (Glossar: Zum Inhalt: Kamerabewegungen). Sie dokumentiert (Glossar: Zum Inhalt: Dokumentarfilm) bis an die Schmerzgrenze gehend, Verwundete, Tote, Hingerichtete – Opfer des syrischen Bürgerkriegs in der belagerten Stadt Aleppo (Glossar: Zum Inhalt: Drehort/Set). Sie zeigt aber auch Momente der Hoffnung und der menschlichen Verbundenheit. 2012 hatte sie als Studentin begonnen, die Aufstände gegen das syrische Regime an der dortigen Universität festzuhalten. Sie war geblieben, als der Krieg ausbrach, verliebte sich in einen jungen Arzt, der im besonders hart umkämpften Ostteil der Stadt ein Krankenhaus aufbaute. Hier lebte und arbeitete das junge Paar, heiratete und bekam ein Kind, Sama. An ihre Tochter adressiert Al-Khateab auch dieses bewegende Videotagebuch, das sie bis zu ihrer Evakuierung 2016 geführt hat.

Wichtiger Hinweis:

Der Einsatz des Dokumentarfilms "Für Sama" im Unterricht erfordert Sensibilität, Achtsamkeit und eine entsprechende Vorbereitung der Unterrichtssequenz und der Lerngruppe. Der Film zeigt die Folgen der Belagerung der syrischen Stadt Aleppo in drastischen Bildern. Unter keinen Umständen sollten traumatisierte Schülerinnen und Schüler damit konfrontiert werden. Lehrende, die sich über die Prädisposition ihrer Lerngruppe diesbezüglich unsicher sind, sollten sich mit der/dem Klassenlehrer/-in oder Tutor/-in absprechen. Grundsätzlich sollte allen Schüler/-innen deutlich gemacht werden, dass sie jederzeit die Augen schließen oder die Filmvorführung verlassen können, falls das Gezeigte für sie nicht erträglich ist.

Das filmische Archiv von Waad Al-Khateab umfasst über 500 Stunden Material, das sie im Exil in England – gemeinsam mit ihrem Co-Regisseur Edward Watts – über zwei Jahre lang in die jetzige Dramaturgie gebracht hat. Dabei werden ihre unterschiedlichen Rollen als Mutter, Aktivistin, Chronistin und Filmemacherin auch in der Diversität des Materials spürbar. Es besteht aus Handyaufnahmen von Demonstrationen, in die Kamera gesprochene persönliche Botschaften an ihr Kind, private Momente im Familien- und Freundeskreis sowie Aufnahmen im Stil einer Reportage, die den Ausnahmezustand im Krankenhaus und im Wohnviertel festhalten. Das fast ikonografisch wirkende Schlussbild des Filmes – eine Drohnenaufnahme (Glossar: Zum Inhalt: Kameraperspektiven) –, zeigt Waad Al-Khateab dabei, wie sie mit Sama durch die zerstörten, staubigen Straßen der Stadt läuft. Die Filmemacherin erzählt in Zum Inhalt: Rückblenden und kommentiert (Glossar: Zum Inhalt: Voiceover) das Geschehen miit persönlichen (Innen-)Ansichten. So wird ihre private Situation mit den kriegerischen Entwicklungen in Aleppo verknüpft. Al-Khateab nimmt dabei die subjektive Rolle einer Vertreterin der verzweifelten Zivilbevölkerung ein. Insbesondere setzt sie die Kinder und ihre Tochter in den Fokus, die zu diesem Zeitpunkt ein Leben ohne Krieg nicht kennt.

Für Sama, Trailer (© Filmperlen)

"Für Sama" ist ein emotionaler Film, der betroffen macht. Er dokumentiert einen zerstörerischen Krieg und Facetten des damit einhergehenden menschlichen Leids. Allerdings nimmt der Film damit eine Sichtweise – eben jene der Filmemacherin und ihrer Mitstreiter/-innen – ein. In der pädagogischen Auseinandersetzung mit dem Film in den Fächern Geschichte, Gesellschaftskunde oder Politik ist es daher notwendig, dieses Dokument in regionale und globale Zusammenhänge des Konflikts einzuordnen. Dabei kann besprochen werden, inwieweit emotionale Betroffenheit dazu führen kann, dass eine ausgewogene politische Analyse vernachlässigt wird. Unter diesem Gesichtspunkt werden die Schüler/-innen idealerweise angeleitet, sich mit den unterschiedlichen Interessen der religiösen und ethnischen Bevölkerungsgruppen und Konfliktparteien in Syrien auseinanderzusetzen. Dazu gehören auch die geopolitischen Interessen der USA, des Irans, der Türkei, Russlands und auch Europas. Vertiefend kann im Ethik- Gemeinschafts-, oder Sozialkundeunterricht diskutiert werden, wie mediale Bilder unsere Wahrnehmung von Krieg und Leid beeinflussen und wie diese auch für politische Zwecke instrumentalisiert werden können.

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