"Haunted" , der erste lange Zum Inhalt: Dokumentarfilm der syrischen Filmemacherin Liwaa Yazji, umkreist Fragen der Heimat und der Zugehörigkeit. Er zeigt Menschen, die durch den Bürgerkrieg in Syrien mit dem Verlust ihres gewohnten Umfelds konfrontiert sind: Während die einen noch, oft unter Lebensgefahr, in ihren Wohnungen ausharren, ziehen andere auf gepackten Koffern von Unterkunft zu Unterkunft oder haben bereits im Nachbarland Libanon Zuflucht gesucht. Teils spontan, teils höchst reflektiert äußern sich die Betroffenen zu ihrer Situation und gewähren dabei sehr persönliche Einblicke in ihre Gedanken und Gefühle. Der Film führt so eindringlich ihren tief greifenden Verlust an Sicherheit und Selbstgewissheit vor Augen.

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In "Haunted" werden die eigenen vier Wände zur Metapher für die menschliche Identität. Nur selten sind Außenaufnahmen von verwüsteten Straße (Glossar: Zum Inhalt: Drehort/Set) zu sehen. Dagegen zeigt Liwaa Yazji ihre Landsleute ausgiebig in dunklen Innenräumen (Glossar: Zum Inhalt: Licht und Lichtgestaltung), die ihre Unbehaustheit greifbar machen. Diese existenzielle Erschütterung findet eine formale Entsprechung in unterbelichteten, unscharfen und verwackelten Aufnahmen und abrupten Schnitten (Glossar: Zum Inhalt: Montage), die dem Zuschauenden oft die Orientierung erschweren. Wie bewusst die Filmemacherin die mitunter amateurhaft wirkenden, offenbar mit einer Handy-Kamera gefilmten Bilder einsetzt, zeigt sich besonders deutlich in einigen, frontal von einem Computer abgefilmten Skype-Sequenzen, in denen ein Ehepaar den beklemmenden Alltag in seiner vom Kampfgeschehen bedrohten Wohnung schildert. Die Aufnahmen wirken durch die schlechte Bild- und Tonqualität umso unmittelbarer.

Haunted nimmt einen Blickwinkel ein, der in der medialen Berichterstattung über den Syrienkrieg kaum zu finden ist. Schon deshalb erscheint ein schulischer Einsatz speziell im Rahmen einer Diskussion der Flüchtlingsproblematik etwa im Ethik- oder im Gemeinschaftskundeunterricht lohnenswert. Dass die Filmemacherin politische und religiöse Aspekte ausklammert, erleichtert den Zugang zu den von ihr gefilmten Menschen. "Haunted" kann so dazu beitragen, das Verständnis der Schüler/-innen für die Lage von Geflüchteten zu wecken. Aufgrund seiner starken Fokussierung kann der Film aber auch als Ausgangspunkt dienen, um das Thema der kulturellen und sozialen Entwurzelung im Unterricht losgelöst vom Kontext des Bürgerkriegs zu behandeln. Hier bietet sich "Haunted" schon wegen seiner anspruchsvollen Form und Thematik vor allem für einen Einsatz in höheren Jahrgangsstufen an.

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