"YNW Melly: Suicidal"

"I thought that we were meant to be, you took my heart and made it bleed", singt der US-amerikanische Rapper YNW Melly zu Beginn des Musikvideos. Der junge Mann hat nach dem Ende einer Liebesbeziehung offenbar jegliche Hoffnung verloren und sieht im Leben keinen Sinn mehr. Er blickt sprichwörtlich in den Abgrund, während er seinen Kummer in Alkohol ertränkt und von Selbstmordgedanken getrieben wird.

Der für seine Musikvideos sowie für seine Cover- und Poster-Art bekannte Künstler Tristan Zammit hat "Suicidal" als animiertes (Glossar: Zum Inhalt: Animationsfilm) Einpersonenstück angelegt. Der Clip taucht in die Gedankenwelt Mellys ein. Dabei wird ein assoziativer Bilderrausch entfesselt: Hände oder Köpfe verformen sich zu Flaschen. Eine Zunge verwandelt sich in eine Schlange, verbrennt, wird zu einem Skelett und verschwindet schließlich in einer Weinbrandflasche. Während die Bilder bisweilen mit kulturgeschichtlich bekannten Symbolen wie etwa der verführerischen Schlange spielen, visualisiert der Clip in anderen Passagen die bildliche Sprache der Lyrics. Durchgehend gelingt es ihm dabei, das Gefühl der Verlorenheit und des Kontrollverlusts von YNW Melly sichtbar zu machen, indem er diesen etwa vor einem schwarzen (Glossar: Zum Inhalt: Farbgestaltung) Hintergrund oder im Griff unzähliger Hände zeigt. Mit der Konzentration auf die Innensicht schlägt das Musikvideo eine Brücke zu der persönlichen Erzählweise des Rappers, der bereits in mehreren seiner Songs aus der Ich-Perspektive psychische Probleme wie Persönlichkeitsstörungen und Kontrollverlust thematisiert hat. Stilistisch ist der Clip vor allem durch seine Nähe zur Zum Inhalt: Anime-Ästhetik geprägt, folgt dabei jedoch einem rauen, bewusst ungeschliffenen Stil. Als Einfluss nennt der Produzent des Clips auch die Anime-Serien "Samurai Champloo" (Japan 2004 ff) und "FLCL/Furi Kuri/Fooly Cooly" (Japan 2000-2001)

Im Ethik- und Religionsunterricht lässt sich anhand des Videoclips besprechen, inwieweit YNW Melly mit seiner Musik den Nerv eines jugendlichen Publikums trifft und dabei über Todessehnsucht und Selbstmord erzählt. Dabei sollte insbesondere darauf geachtet werden, einerseits zwar den Kummer des Protagonisten ernst zu nehmen, zugleich aber auch dessen Hoffnungslosigkeit durch positive Perspektiven zu ergänzen, Auswege aus dessen Situation zu erarbeiten und auf Hilfsangebote aufmerksam zu machen. Während sich im Englischunterricht eine Analyse der Lyrics und eigene Schreibarbeiten im Rap-Stil anbieten, können die assoziative Zum Inhalt: Montage und die neuen Bedeutungsspielräume, die sich aus den Bildern ergeben, sowie die Art der Animation (Glossar: Zum Inhalt: Zeichentrickanimation), deren Herkunft sowie die Bildwirkung vor allem im Fach Kunst bearbeitet werden. Im Fach Musik regt der Clip eine Auseinandersetzung mit Hip-Hop und Rap und dessen Ausprägungen an. Dabei kann auch über den engeren Kontext des Videoclips auf die Biografie von YNW Melly eingegangen werden, der derzeit inhaftiert ist und zwei Freunde ermordet haben soll (und der wahrscheinlich aus diesem Grund im Film nur "animiert" auftauchen kann). Welchen Einfluss spielt das Verhalten von Künstler/-innen für die Rezeption ihrer Musik? Welche ethischen Probleme ergeben sich daraus? Inwieweit kann man Privatleben vom künstlerischen Schaffen trennen? Diese Fragen können auch in einem größeren Zusammenhang etwa mit Bezügen zu ähnlich umstrittenen Persönlichkeiten diskutiert werden.