Beate Völcker ist Referentin für Filmbildung am Landesinstitut für Schule und Medien Berlin-Brandenburg (LISUM) und hat in dieser Funktion an curricularen Konzepten zur Filmbildung – unter anderem auch im bundesweiten Arbeitskreis Filmbildung der Länderkonferenz Medienbildung – mitgearbeitet sowie zahlreiche Unterrichtmaterialien entwickelt und redaktionell begleitet. Sie ist langjährige Leiterin des Zum externen Inhalt: Kinderfilmfests im Land Brandenburg (öffnet im neuen Tab) und hat das filmpädagogische Projekt Zum externen Inhalt: FILMERNST (öffnet im neuen Tab) mit aufgebaut. Daneben arbeitet sie als freie Filmdramaturgin und Autorin.

Es gibt noch das Vorurteil, dass der Einsatz von Film im Unterricht dem Vergnügen diene und daher eher am Wandertag stattfinden solle. Wie ist der Filmeinsatz Ihrer Meinung nach im Unterricht legitimiert?

In den Lehrplänen vieler Bundesländer ist die Auseinandersetzung mit Film fest verankert. In Berlin-Brandenburg gibt es einen neuen gemeinsamen Rahmenlehrplan für die Klassenstufen 1 bis 10 mit einem verbindlichen Basiscurriculum Medienbildung. Dieses umfasst auch Filmbildung als einen fächerübergreifenden Schwerpunkt. Darüber hinaus gibt es in den Fachteilen des Rahmenlehrplans, etwa für Deutsch, Fremdsprachen, Kunst oder Geschichte, die Vorgabe, Film zum Gegenstand von Unterricht zu machen. Der kompetente Umgang mit dem Bewegtbild ist heute ebenso wichtig wie der mit dem Text. Und Filme sind ein wichtiger Bestandteil unserer kulturellen Kommunikation.

Es gibt Lehrende, die sich hinsichtlich der Methoden der Filmarbeit und der entsprechenden Fachbegriffe unsicher sind. Was raten Sie den Kollegen und Kolleginnen?

Es gibt unterschiedliche Ebenen der Filmarbeit. Ein niedrigschwelliger Einstieg findet im Rahmen der Zum externen Inhalt: SchulKinoWochen (öffnet im neuen Tab) statt. Die Lehrenden können mit ihren Klassen kuratierte Filmreihen besuchen, im Anschluss gibt es in der Regel pädagogische Gespräche. Darüberhinaus wird für jeden Film Unterrichtsmaterial zur Verfügung gestellt. Ein weiterer positiver Aspekt für die Schülerinnen und Schüler ist der Erlebnischarakter, wenn mit der Lerngruppe ein Kino besucht wird. Fast alle größeren Filmfestivals bieten pädagogische Begleitprogramme, auf die man als Schule zurückgreifen kann. Um etwas tiefer in die Materie einzusteigen, eignen sich Bücher der Schulbuchverlage, die verschiedene Methoden zur Filmarbeit und die entsprechenden Fachbegriffe vorstellen. Es finden auch Fortbildungen für Lehrende statt. Im Netz findet man ebenfalls viel Material – beispielsweise auf den Seiten von Zum externen Inhalt: kinofenster.de (öffnet im neuen Tab), Zum externen Inhalt: Vision Kino (öffnet im neuen Tab) oder der Zum externen Inhalt: Bundeszentrale für politische Bildung (öffnet im neuen Tab).

Sollte Filmbildung in der Ausbildung für Lehrende stärker verankert werden?

Das wäre wünschenswert und wird an manchen Universitäten bereits umgesetzt. Ohnehin ist der Schwerpunkt Medienbildung längst gesetzt, auch durch die Zum externen Inhalt: Kultusministerkonferenz (öffnet im neuen Tab). Heute müssen wir allerdings aufpassen, dass der Begriff nicht einseitig auf informatische Bildung fokussiert wird und die kulturelle, ästhetische und kreative Bildung – und somit die Arbeit mit Filmen – dabei zu kurz kommen.

Ist denn die Ausstattung der Schulen ausreichend, um mit Film arbeiten zu können?

Natürlich gibt es bei den Ausstattungen der Schulen noch immer Luft nach oben. Aber in den letzten Jahren hat sich viel getan. Ich denke, dass jede Schule über die technischen Möglichkeiten verfügt, um Filme in ordentlicher Qualität vorführen zu können. Falls nicht, kann man sich auch Technik ausleihen, etwa beim regionalen Medienzentrum. Oftmals lohnt es sich auch, ein Kino in der Nähe zu kontaktieren, um dort eine Vorführung zu organisieren. Darüber hinaus wäre es natürlich wünschenswert, dass die Schulen auch über Technik und Know how verfügen, um mit den Schülerinnen und Schülern selbst Filme herzustellen und praktisch zu arbeiten.

Die privat gekaufte DVD eignet sich nicht für den Einsatz im Unterricht. Woher können Lehrende entsprechende Filme beziehen?

Filme mit der entsprechenden Lizenz für den Einsatz im Unterricht erhält man kostenfrei in den zuständigen Medienzentren. In den meisten Bundesländern gibt es auch Online-Distribution für Bildungseinrichtungen. Natürlich haben die Schulen auch die Möglichkeit, Filme mit einer entsprechenden Lizenz zu erwerben. Das lohnt sich, wenn in einem Fachbereich klar ist, dass in mehreren Kursen in mehr als einem Schuljahr damit gearbeitet wird. Die Novelle des Urheberrechts sieht vor, dass Lehrende mit Ausschnitten von Filmen arbeiten können, für die keine Lizenz vorliegt. Dieser Ausschnitt darf 15 Prozent des Gesamtwerkes nicht überschreiten. Hinzufügen will ich aber doch, dass der Einsatz privat gekaufter DVDs nach Ansicht von Rechtsexperten unter bestimmten Umständen durchaus statthaft ist. Fallbeispiele dafür finden sich unter anderem auf der Webseite Zum externen Inhalt: Wer hat Urheberrecht? (öffnet im neuen Tab).

Darf mit den Angeboten von Streaming-Diensten gearbeitet werden?

Das ist ein viel diskutiertes Thema. Die wichtigste Quelle ist sicherlich gegenwärtig YouTube. Diese darf man im Unterricht streamen, aber nicht herunterladen. Zu beachten ist aber, dass die Inhalte rechtmäßig veröffentlich sind. Davon kann man bei den offiziellen YouTube-Kanälen jedoch ausgehen. Wünschenswert ist, dass es in Zukunft flächendeckend Online-Plattformen für den Bildungsbereich gibt, die Film-Angebote unterschiedlicher Anbieter verbunden mit pädagogischen Begleitmaterialien den Lehrenden zur Verfügung stellen, sodass hier Rechtssicherheit herrscht.

Reicht die Arbeit mit Ausschnitten oder sollte stets der gesamte Film gesehen werden?

Es kommt darauf an, welche Kompetenz geschult werden soll. Natürlich müssen Schülerinnen und Schüler Filme auch in Gänze sehen. Filme gestalten ein komplexes Erleben und können eine starke Wirkung entfalten. Die Fähigkeit zur Reflexion dieses Filmerlebens und der Filmwirkung stellt eine wichtige Kompetenz dar. Dass dafür eine einzelne Unterrichtsstunde oder ein Block nicht ausreichen, ist klar. Wenn es um andere Bereiche der Filmbildung geht, kann man auch gut mit Ausschnitten arbeiten, etwa für die Analyse von filmsprachlichen Aspekten. Der Vergleich motivgleicher Szenen oder der Exposition aus unterschiedlichen Filmen ist ein sehr ergiebiges, erkenntnisförderndes methodisches Vorgehen. Dabei kann man auch gut Filmklassiker mit einbeziehen.

Wo erhalten Lehrende pädagogisches Begleitmaterial zu den Filmen?

Die Bildungsserver der Bundesländer stellen Unterrichtsmaterial zur Verfügung. Häufig gibt auch der Filmverleih pädagogisches Begleitmaterial heraus. Schulbuchverlage sind eine weitere Quelle, ebenso die Webseiten, die ich bereits erwähnte: Zum externen Inhalt: kinofenster.de (öffnet im neuen Tab), Zum externen Inhalt: Vision Kino (öffnet im neuen Tab) oder Zum externen Inhalt: Bundeszentrale für politische Bildung (öffnet im neuen Tab). Anhand der Häufigkeit von Fragen der Lehrenden, die mich erreichen, ist abzulesen, dass Filmbildung in der Unterrichtspraxis mittlerweile eine viel größere Rolle spielt. Da hat sich in den letzten 25 Jahren sehr viel getan.

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