Mitten im New Yorker Central Park liegt ein kleines, altmodisches Marionettentheater – allerdings ohne Puppenspieler. Die zehn Holzfiguren haben selbst die Regie übernommen und tun nur so, als hingen sie an Fäden. Allerdings bleiben sie in ihren Stücken brav in den ihnen früher einmal zugewiesenen Rollen: Alfonso ist immer die heldenhafte Hauptfigur, Di bleibt ewig die "Jungfrau in Nöten" und Don bekommt stets die Sahnetorte ins Gesicht – er ist der Narr, die Witzfigur. Dabei träumt er sich eigentlich in Abenteuer hinein, sieht sich als strahlender Held gegen Drachen und Gefahren kämpfen. Eines Nachts zieht er los, um wirklich etwas zu erleben. Draußen begegnet ihm DJ Doggie Dog, ein weggeworfenes Stofftier mit einem einprogrammierten Lied und großen Träumen von eigenen Reimen, aber wenig Mut, sie auch zu singen. Gemeinsam retten sie drei jungen Waschbären das Leben, aber Dons Träumereien gehen DJ gewaltig auf die Nerven. Erst als die anderen Marionetten von zwei jugendlichen Dieben gestohlen werden und nur Don sie noch retten kann, kehrt die Marionette in die Realität zurück.

Als computeranimiertes (Glossar: Zum Inhalt: Animationstechniken) Abenteuer vor den Kulissen von New Yorks Skyline und dem Central Park funktioniert Jérémie Degrusons Film erstaunlich gut, immer auf Augenhöhe (Glossar: Zum Inhalt: Kameraperspektiven) mit seinen eher klein geratenen Hauptfiguren. Die Idee der Puppen und Plüschtiere, die zum Leben erwachen, wenn die Menschen nicht hinschauen, haben die Co-Autoren (Glossar: Zum Inhalt: Drehbuch) Joel Cohen und Alec Sokolow aus dem von ihnen mitverfassten "Toy Story" (John Lasseter, USA 1995) mitgebracht. Dabei ist bemerkenswert, wie geschickt der Film sprachlich und erzählerisch traditionelle und neue Formen verbindet. Don, als Theaterfigur mit klassischer Literatur vertraut, gibt sich außerhalb des Theaters selbst den Namen "Don Quijote" und deklamiert nicht nur mit großen Gesten, sondern kämpft unter anderem auch gegen – womöglich – eingebildete Windmühlen. DJ Doggie Dog dagegen spricht und rappt im Straßenslang, zusammen mit Waschbären, Kakerlaken und ein paar Stadttauben.

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Die einfachen Songtexte und Melodien von DJ bieten einen guten Einstieg, um im Musikunterricht das Thema Rap zu besprechen und kreativ eigene Songs oder Reime zu entwickeln. Die unterschiedlichen Sprechstile der Figuren können hier ebenso wie im Deutschunterricht analysiert werden. Dort bietet es sich zudem an, über die Figurenkonstellation im Marionettentheater beziehungsweise deren klassische Typen (etwa Held, Jungfrau in Nöten, Narr) zu sprechen und zu diskutieren, was es bedeutet, wenn man immer auf die gleiche Rolle festgeschrieben wird und sich so nicht entwickeln kann. Von Don selbst wird in Bezug auf das eigene Abenteuer auch das Konzept der Heldenreise angesprochen. Hier bietet es sich an, im Deutschunterricht eines der grundlegenden Konzepte, etwa von Joseph Campbell oder Christopher Vogler, in einfacher Form vorzustellen und auch an anderen Filmen oder Geschichten näher zu betrachten. Speziell im Kunstunterricht lohnt sich ein Blick auf die unterschiedlichen Animationsstile, die jeweils für die Rahmenhandlungen (3D-Bilder) und für Dons elaborierte Heldenfantasien (etwas flächigerer Zeichenstil) genutzt werden. Dabei geht es auch um die Frage, warum zwischen diesen Stilen gewechselt wird. Und schließlich lädt das Thema des Marionettentheaters dazu ein, sich selbst an einem entsprechenden Stück zu versuchen – ob mit oder ohne die im Puppentheater auftretenden "klassischen" Figuren.

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