Streifzüge durch den Mikrokosmos Requisitenfundus: Hier findet sich vom detailliert gestalteten Plastiksushi über das Original-Telefon aus DDR-Zeiten bis zum imposanten Wandgemälde alles, was Ausstatter/-innen und Szenenbildner/-innen benötigen, um den Zeitgeist verschiedenster Epochen glaubwürdig zum Leben zu erwecken. Sämtliche entleihbaren Objekte, Imitate und Artefakte, die in schier endlosen Regalreihen und riesigen Hallen lagern, sind katalogisiert und verschlagwortet. Fachkundig erklären die Mitarbeitenden die Prozesse des Archivierens und Bewahrens, greifen Fundstücke heraus und erzählen deren Geschichten. Dazwischen recherchiert eine Doktorandin der Postcolonial Studies über afrikanische Gegenstände und vorgeblich afrikanische Repliken, die sich hier finden lassen, und stößt dabei auf eine Kopie des Renaissance-Porträts African Woman Holding a Clock, für die ein neuer Rahmen gesucht wird.

Das Regieduo Susanne Weirich und Robert Bramkamp erkundet drei Requisitendepots in Berlin und Hamburg. Mit unaufgeregter Neugier interviewen und beobachten sie die Beschäftigten während ihrer täglichen Arbeit. Die langen und ruhigen Zum Inhalt: Kameraeinstellungen, teils mit Händels barocken Concerti Grossi Op. 6 unterlegt (Glossar: Zum Inhalt: Filmmusik), lassen die Vielzahl an Objekten in der Gesamtheit wirken. Ohne visuell zu überfrachten, laden sie zum Entdecken ein, zumal jeder Gegenstand mit eigenen Verweisen und filmischen Einsatzmöglichkeiten verbunden ist, die sich vor dem inneren Auge abspielen. Tatsächliche Film- und Fernsehausschnitte, in denen einzelne Requisiten zu sehen sind, tauchen nur als kurz montierte (Glossar: Zum Inhalt: Montage) Zitate auf und werden erst im Abspann benannt. Daneben bindet der vornehmlich dokumentarische Film weitere inszenierte Momente dramaturgisch, manchmal auch unmerklich ein. Dazu gehört etwa der postkoloniale Handlungsbogen um die Zum Inhalt: Schauspielerin und PoC-Aktivistin Thelma Buabeng, die in der Rolle der Doktorandin Cleo den angeblich afrikanischen Teil der Sammlung kritisch hinterfragt. Zwar fügt sich dieser facettenreiche Erzählstrang nicht immer nahtlos in die klassischen dokumentarischen (Glossar: Zum Inhalt: Dokumentarfilm) Zum Inhalt: Sequenzen im Fundus ein, aber er ist eine wichtige Erweiterung der Perspektive auf das Thema.

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Mal prägnant, mal unauffällig, ist das Szenenbild (Glossar: Zum Inhalt: Production Design/Ausstattung) elementar für Stimmung, Authentizität und Zeitgefühl eines Films. Die Vielfalt der gestalterischen Optionen durch die Fülle des Fundus zu entdecken, schärft den Blick und das Verständnis dieses unterschätzten Gewerks. Im Kunst- und Deutschunterricht lassen sich hier vielfältige Fragestellungen und gestalterische Übungen, etwa zu Setdesign und Figurencharakterisierung, aber auch zur Designgeschichte anschließen. Zugleich ist der Fundus eine lebendige Sammlung, die ständig wächst und sich wandelt. Viele aktuelle Fragen, die sich an Archive richten, lassen sich übertragen: Was wird hier warum aufbewahrt? Welche Bedeutungen sind an Objekte, Stil und Design geknüpft, was gibt es über die Herstellungs- bzw. Herkunftsgeschichte einzelner Gegenstände zu wissen? Hier knüpft auch der postkoloniale Diskurs an, der hinterfragt, wie sich rassistische Stereotype in Gebrauchsgegenständen und Dekorationen über die Jahrhunderte verfestigten. So bietet sich der Film ebenfalls für Diskussionen im Politik-, Geschichts- und Gesellschaftsunterricht an.

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