Kategorie: Filmbesprechung
"Ich bin! Margot Friedländer"
Anlässlich des 85. Jahrestags der Novemberpogrome: Dokudrama über Margot Friedländer - auf zdf.de
Unterrichtsfächer
Thema
Seit vielen Jahren besucht die heute 102-jährige Holocaustüberlebende Margot Friedländer deutsche Schulklassen, um über die Schrecken der Shoah zu berichten. Raymond Leys "Ich bin! Margot Friedländer" erzählt ihre Geschichte als TV-Zum externen Inhalt: Dokudrama (öffnet im neuen Tab) für ein breites Publikum. Die Handlung beginnt im Berlin (Glossar: Zum Inhalt: Drehort/Set) des Jahres 1939: Während ihre Mutter vergeblich versucht, eine Ausreise für ihre beiden Kinder und sich zu organisieren, muss die 17-jährige Margot ihre geliebte Tätigkeit am Theater des Jüdischen Kulturbunds aufgeben, weil sie vom NS-Regime zur Zwangsarbeit in der Industrie herangezogen wird. Im Verlauf des Krieges spitzt sich mit der immer brutaleren Verfolgung der jüdischen Bevölkerung auch die Situation der Familie weiter zu: Schließlich werden die Mutter und der jüngere Bruder verhaftet und "nach Osten" deportiert. Margot gelingt es unterzutauchen. 15 Monate lang flüchtet sie vor der Gestapo von einem Versteck zum nächsten – letztlich vergeblich: Sie wird entdeckt und in Theresienstadt inhaftiert. Zwar überlebt sie das KZ, doch nach der Befreiung erfährt sie das gesamte Ausmaß des Grauens – und vom Tod ihrer Familie in Auschwitz.
Im Mittelpunkt von "Ich bin! Margot Friedländer" steht der Überlebenskampf der Protagonistin, den Regisseur Raymond Ley (Glossar: Zum Inhalt: Regie) mit namhaften Darsteller/-innen und historisch sorgfältiger Zum Inhalt: Ausstattung rekonstruiert. Ein zweiter Erzählstrang spielt im New York der 1990er-Jahre, wo sich Margot Friedländer nach dem Tod ihres Mannes entschließt, ihre Erinnerungen niederzuschreiben. Der Titel ihrer Autobiografie (2008) ist im Dokudrama ein zentrales Motiv: Versuche, dein Leben zu machen waren die letzten Worte ihrer Mutter an sie. Immer wieder sind kurze dokumentarische Zum Inhalt: Sequenzen (Glossar: Zum Inhalt: Dokumentarfilm) in die Erzählung integriert: Schwarzweißbilder aus NS-Wochenschauen, vor allem aber Ausschnitte aus Interviews mit Margot Friedländer oder Aufnahmen, die sie im heutigen Berlin beim Besuch von Orten ihrer Jugend zeigen. Im ständigen Wechsel der Zeit- und Darstellungsebenen findet das Gefühl permanenter Unsicherheit und Rastlosigkeit, das Margot Friedländers Leben im Untergrund bestimmte, eine wirkungsvolle symbolische Form. In einigen traumartigen Sequenzen durchbricht die Zum Inhalt: Inszenierung die Zum Inhalt: vierte Wand: In Nahaufnahme (Glossar: Zum Inhalt: Einstellungsgrößen) blickt die junge Margot darin in die Kamera und wendet sich mit ihren Emotionen und Gedanken direkt an die Zuschauer/-innen.
Margot Friedländer zählt zu den wenigen Zeitzeug/-innen der Shoah, die ihre Erfahrungen noch an uns weitergeben können. Mit ihrer charismatischen Persönlichkeit erreicht sie dabei auch ein jüngeres Publikum - auf Veranstaltungen ebenso, wie in Film und TV oder in den sozialen Medien. Im Geschichtsunterricht kann ausgehend vom Dokudrama besprochen werden, was das Besondere an Zeitzeugenschaft ist, welche Wirkung solche Berichte haben und welche Grenzen dieser Form der Geschichtserzählung gesetzt sind. Im Fach Deutsch bietet es sich an, ein autobiografisches Buch eines "U-Boots", wie die während der NS-Diktatur in Berlin untergetauchten Jüdinnen und Juden genannt wurden, zu lesen und mit dem Film zu vergleichen. Außer den Aufzeichnungen von Friedländer eignen sich dafür etwa Isaak Behars Versprich mir, dass du am Leben bleibst (2002) oder Cioma Schönhaus’ Der Passfälscher (2004). Der Spielfilm nach Schönhaus‘ Erinnerungen (Maggie Peren, DE 2022) bietet sich an, um die Herangehensweise von "Ich bin! Margot Friedländer" vergleichend zu analysieren: Welche Wirkung erzielt der Spielfilm, welche das Dokudrama? Außerdem gibt Raymond Leys Film dem Thema Kollaboration großen Raum. Als jüdische (!) Denunziantin wird die "Greiferin" Stella Goldschlag eingeführt, einer größeren Öffentlichkeit bekannt durch Takis Würgers Roman Stella (2019). Im Ethikunterricht können die Überlebensstrategien von Friedländer, Behar und Schönhaus solchen von Denunziant/-innen wie Goldschlag gegenübergestellt werden.
Weiterführende Links
- External Link zdf.de: Link zum Stream
- External Link bpb.de: Margot Friedländer: "Ich spreche für die, die nicht mehr sprechen können."
- External Link Jüdisches Museum Berlin: Zeitzeugengespräch mit Margot Friedländer (Video)
- External Link Stolpersteine Berlin: Biografie von Margot Friedländer
- External Link hanisauland: Lexikon: Holocaust/Shoa