Am Ende des Films wird die achtjährige Hauptfigur Lucía heißen. Doch als sie diesen Sommer mit ihrer Familie ins baskische Heimatdorf ihrer Mutter reist, kennt sie diesen Namen noch nicht. Sie weiß, dass ihr männlich konnotierter Taufname nicht der richtige ist. Und auch ihr uneindeutiger Spitzname löst seit neuestem ein Sträuben in ihr aus, das sie nicht in Worte fassen kann. Ihr immer offeneres Unbehagen darüber, als Junge wahrgenommen zu werden, schlägt Wellen in ihre Familie. Die Großmutter sieht ihr Enkelkind verwirrt durch eine verweichlichte Erziehung. Die liebevolle Mutter Ane ringt mit der eigenen Identität als Künstlerin und verdrängt die Äußerungen ihres Kindes zunächst als Phase. Nur ihre Großtante Lourdes, die in den Hügeln vor dem Dorf Bienenstöcke pflegt, bestärkt Lucía in ihrer Identität. Der Sommer schreitet voran. Die Familie bereitet sich auf eine Taufe vor; in der Garage gießt Ane Skulpturen aus Wachs und formt ihre Körper. Lucía findet endlich den richtigen Namen.

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Die Namens- und Selbstfindung eines jungen trans* Mädchens erzählt "20.000 Arten von Bienen" mit einer angenehmen Ruhe und Selbstverständlichkeit. Der Debütspielfilm der baskischen Regisseurin Estibaliz Urresola Solaguren umgeht dramatische Zuspitzung (Glossar: Zum Inhalt: Plot, Plot-Point, Plot-Twist) und macht Lucía auch nicht zur tragischen Figur. In warmen, impressionistischen Bildern erforscht er stattdessen Identität als etwas Fließendes, Persönliches, Komplexes und nicht immer Erklärbares. Die Kamera begibt sich dazu buchstäblich auf Augenhöhe des Kindes und nimmt die Umgebung aus seiner Perspektive wahr (Glossar: Zum Inhalt: Kameraperspektiven): das laute und grelle Freibad, mit seinen geschlechtergetrennten Umkleidekabinen; beiläufige Blicke und Kommentare, die bei Lucía Wutanfälle auslösen. Der bemerkenswerten jungen Hauptdarstellerin Sofía Otero gelingt es, das wachsende Unbehagen der Figur mit jedem Blick und jeder Bewegung zu vermitteln. Lucías Identitätssuche verwebt der Film mit der Natur des Baskenlands, seiner Kultur und Mythologie: Beim Schwimmen im Fluss erlebt Lucía ein Gefühl der Freiheit. Die baskische Sprache, die kein grammatikalisches Geschlecht hat, birgt neue Ausdrucksmöglichkeiten. Und die titelgebenden Bienen, die im Baskenland als heilige – und heilende – Tiere gelten, werden zum Ausgangspunkt für ein neues, eigenes Ritual.

Durch Lucías Geschichte schafft der Film einen Ausgangspunkt, um über geschlechtliche Vielfalt und die Auswirkungen von normativen Geschlechterordnungen nachzudenken. Um ein offenes und respektvolles Sprechen zu ermöglichen, ist als Lehrkraft eine vorbereitende Beschäftigung mit einigen Grundlagen diskriminierungssensibler Sprache essentiell. Denn auch mit den besten Absichten werden in Bezug auf trans* Menschen oft verfälschende und verletzende Formulierungen übernommen. Im Sozialkunde- oder Ethikunterricht können die Schüler/-innen beobachten, in welchen Situationen und in welchen Formen Lucía mit Geschlechternormen und gesellschaftlichen Erwartungen konfrontiert wird. Wie werden diese Normen auf der filmischen Ebene vermittelt? Wie wird dagegen die Natur als Rückzugs- und Freiheitsort inszeniert? Das Thema der Identitätssuche können die Schüler/-innen davon ausgehend auch breiter und in Bezug auf sich selbst reflektieren: Was macht Identität eigentlich aus? Sehen wir uns selbst manchmal anders, als wir von außen wahrgenommen werden? Einen Einstieg dafür kann die (auch künstlerische oder literarische) Beschäftigung mit dem eigenen Namen bieten.

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