Durch eine Bombenexplosion in einem Berliner Mietshaus verliert die etwa 20-jährige Maxi ihre Mutter und zwei jüngere Brüder. Nur sie und ihr Vater Alex, der den Sprengsatz unwissentlich mit einer Paketsendung in die Wohnung gebracht hat, überleben den Anschlag, der Islamist/-innen zur Last gelegt wird. Während der Vater sich abkapselt, sucht Maxi einen anderen Weg, mit dem Trauma umzugehen. Unterstützung findet sie bei dem charismatischen Studenten Karl, der plötzlich in ihrem Leben auftaucht. Der attraktive wortgewandte junge Mann umgarnt sie und lädt sie zu einer Sommerakademie nach Prag ein, wo er sich als führender Kopf der rechtspopulistischen europäischen Jugendbewegung Re/Generation erweist. Auf der Veranstaltung fühlt sich Maxi als Terroropfer verstanden und von den Anhänger/-innen der Organisation akzeptiert. Als der irritierte Alex seiner Tochter, die wie er bislang sehr liberale Ansichten vertreten hat, einige Tage später bei einem Treffen kritische Fragen stellt, ist Maxi schon ganz im Bann von Karl und seiner Bewegung. Erst spät begreift sie, dass er sie benutzt hat und mit Re/Generation auf einen Umsturz hinarbeitet.

Der Titel von "Je suis Karl" ist eine Anspielung auf den Slogan "Je suis Charlie", mit dem Menschen ihre Solidarität mit der Redaktion der Pariser Satirezeitschrift Charlie Hebdo zum Ausdruck brachten, die 2015 zum Ziel eines islamistischen Attentats wurde. Im Film kapert die populistische Bewegung den Satz auf perfide Weise. "Je suis Karl" schildert die Aktivitäten einer fiktiven Organisation, die mit ihren Symbolen und ihrem transnationalen Auftritt zumindest in Teilen an die Identitäre Bewegung und die Neue Rechte angelehnt ist. Die auf Effekte ausgerichtete Zum Inhalt: Thriller-Dramaturgie versetzt die Protagonistin – und mit ihr das Publikum – rasch in eine emotionale Ausnahmesituation, die sie anfällig macht für Karls romantische Avancen und die eingängigen Parolen der Bewegung. Die Zum Inhalt: Inszenierung entwickelt einen starken Sog, weil sie sowohl aus der Perspektive der Verführten als auch des Verführers erzählt. Regisseur Christian Schwochow kombiniert dabei eine agile Kamera (Glossar: Zum Inhalt: Kamerabewegungen) und eine dynamische Zum Inhalt: Montage mit farbdramaturgischen Kniffen (Glossar: Zum Inhalt: Farbgestaltung), etwa wenn er die Zum Inhalt: Szene mit Karls Selbstopferplan in rotes Licht taucht. Indem eine kurze Zum Inhalt: Rückblende Karl als den Verantwortlichen des Terroranschlags entlarvt, unterläuft der Film jedoch die Identifikation mit Maxi – angesichts ihrer Radikalisierung geht das Publikum zu ihr auf Distanz.

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Re/Generation gibt sich als paneuropäisches Netzwerk einen jugendaffinen Anstrich, indem es geschickt moderne Kommunikationsmittel und Formate der Event-Kultur und Influencer-Szene nutzt, um seine wahren Ziele zu kaschieren. Hier können Schülerinnen und Schüler eine Analyse der Methoden der Organisation mit einem Austausch eigener Erfahrungen in den Sozialen Medien verknüpfen. Zugleich liegt es nahe, im Geschichtsunterricht Vergleiche zu den Erscheinungsbildern früherer Rechtsparteien zu ziehen. Ausgehend vom Filmtitel können die Schülerinnen und Schüler im Fach Politik erörtern, wie politische Aktivist/-innen Symbole und Parolen erfinden oder für ihre Zwecke umdeuten. Der Film endet mit der erschreckenden Vision eines Aufstands, der Straßburg ins Chaos stürzt. Lässt sich die Demokratie in Europa wirklich so leicht durch ein fingiertes Attentat erschüttern? "Je suis Karl" ist geprägt durch eine starke Vater-Tochter-Beziehung. Angesicht der Radikalisierung Maxis liefert sie Ansatzpunkte, um im Fach Sozialkunde über die Frage zu diskutieren, inwieweit familiäre Bindungen helfen können, junge Menschen vor dem Abdriften in demokratieferne Ideologien zu bewahren. Ebenso können auch die Möglichkeiten präventiver Arbeit etwa an Schulen und anderen Bildungseinrichtungen thematisiert werden.

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