Kategorie: Film
"Neues aus der Welt"
News of the World
Western: Ein Veteran und ein verwaistes Mädchen reisen durch ein zerrissenes Land
Unterrichtsfächer
Thema
Captain Jefferson Kyle Kidd, ein Veteran des Amerikanischen Bürgerkriegs, würde seine inneren Wunden gerne so verdecken können wie die äußeren. Mit diesem Bild beginnt "Neues aus der Welt" : Über den vernarbten Rücken streift er ein frisches Hemd. Im Jahr 1870 reist Kidd von Town Hall zu Town Hall durch die texanische Provinz, um für ein paar Münzen aus den Zeitungen von gestern vorzulesen. An der Frontier, im Grenzbereich zu den noch nicht von weißen Siedler/-innen erschlossenen Gebieten im Westen der USA, verbreiten sich Nachrichten nur langsam, viele Menschen können nicht lesen. Unterwegs stößt Kidd auf ein Mädchen: Die Kleine ist traumatisiert und spricht kein Englisch; ihr afroamerikanischer Begleiter wurde von Rassisten ermordet. Mitgeführte Papiere weisen Johanna, aufgewachsen beim Stamm der Kiowa, als Waisenkind einer Siedlerfamilie aus, die nun zu Angehörigen gebracht werden soll. Weil sich sonst niemand zuständig fühlt, nimmt sich Kidd dieser Aufgabe an. Während der abenteuerlichen Reise entwickelt sich langsam Vertrauen zwischen dem ungestümen Kind und dem älteren Mann.
Der Brite Paul Greengrass, bekannt geworden als moderner Zum Inhalt: Thriller-Regisseur der -Reihe, hat mit "Neues aus der Welt" einen klassischen Zum Inhalt: Western gedreht. Stilistisch bleibt der Film ganz im Rahmen der Zum Inhalt: Genre-Konventionen nach Vorbildern wie John Ford oder Howard Hawks: Die Zum Inhalt: Mise-en-Scène wechselt zwischen Zum Inhalt: Panoramen der weiten Landschaft und den intimeren Einstellungen der beiden Hauptfiguren, die sich wortkarg einander annähern. Wie üblich im Western entwickelt sich die äußere Reise der Figuren parallel zu einer inneren, entfaltet sich ihr Miteinander vor dem Hintergrund der sozialen Umbrüche in den USA: in diesem Fall der Reconstruction-Ära, in der Staaten wie Texas die Anerkennung der Bürgerrechte für ehemals versklavte Menschen zunächst ablehnten. Durch die Prämisse der Romanvorlage von Paulette Giles (2016), dass ein "einsamer Zeitungsleser" (Greengrass) durch ein polarisiertes Land reist, lässt sich der Film mitunter auf das politische und mediale Klima nach der Trump-Präsidentschaft beziehen. Tragikomisch aktuell wirkt es, wenn Kidds Publikum in Texas wutentbrannt auf News-Meldungen aus Washington reagiert.
Zwei dieser Zum Inhalt: Szenen bieten sich im Deutsch-, Gesellschaftskunde- oder Politik-Unterricht für einen Vergleich an, um "Neues aus der Welt" im Kontext heutiger Mediendebatten zu diskutieren: Zu Beginn etwa geht Kidd einmal verständnisvoll und scheinbar neutral auf rassistische Zwischenrufe ein; ein andermal präsentiert er im Beisein eines einflussreichen und machthungrigen Manns eine wahre – statt einer gewünschten falschen – Geschichte. Für die Schule ist "Neues aus der Welt" auch aufgrund der jungen Protagonistin interessant, gespielt vom deutschen Schauspieltalent Helena Zengel (, D 2019). Eine Kinder-Perspektive ist im Western selten und ermöglicht im Englischunterricht eine Annäherung an das Genre und seine nachhaltige Bedeutung für populäre Narrative der US-Geschichte. Aufgrund der Plotkonstellation mit Sprachbarriere sind die Dialoge im Original leicht zu verstehen, der Film kann daher gut in der Sekundarstufe I eingesetzt werden. Thematisch prägnant sind Fragen zum Umgang mit Trauma und Verlust sowie zu familiärer und kultureller Identität. Johanna – die sich zunächst mit ihrem Kiowa-Namen Cicada identifiziert – hat sowohl die biologischen Eltern, als auch ihre zweite Heimat bei den Kiowa verloren. Wer entscheidet, zu wem das Kind nun gehört? Welche Rolle spielt dabei, dass sie als Weiße wahrgenommen wird? Die Bezüge zu postkolonialen und rassismuskritischen Diskursen sollten im Fach Politik und Gesellschaftskunde herausgearbeitet werden. Welche Implikationen die Rolle des "wilden Kindes" hier hat, kann auch kritisch diskutiert werden.