Seit Jahren arbeiten Inga und ihr Mann Reynir pausenlos für ihren Milchhof Dalsmynni, der abgelegen im Zum Inhalt: Nordwesten Islands liegt. Trotzdem wachsen dem Ehepaar die Schulden über den Kopf. Dabei würde es ihnen schon helfen, wenn sie ihre Futter- und Düngemittel günstiger beziehen könnten. Das verhindert allerdings die lokale Genossenschaft, der sie selbst angehören. Die Mitglieder müssen der Kooperative nicht nur ihre Produkte zu festgelegten Preisen verkaufen, sondern sind auch gezwungen, ausschließlich die Geschäfte der Kooperative zu nutzen. Als Reynir bei einem Unfall ums Leben kommt, scheint Ingas Welt gänzlich zu zerbrechen. Die Trauer über den Verlust ihres Mannes und der drohende Zwangsverkauf ihres Milchhofes wecken allerdings die letzten Kräfte in der resoluten Bäuerin. Sie beginnt nicht nur, öffentlich die Monopolstellung der Genossenschaft anzuprangern, sondern setzt sich aktiv und mit ungewöhnlichen Mitteln gegen den Machtmissbrauch der Organisation zur Wehr.

Regisseur Grímur Hákonarson stellt mit Inga eine starke Frauenfigur in das Zentrum seiner Erzählung. Ingas Auflehnung gegen die Bedingungen, die ihr die Genossenschaft aufzwingt, gleicht dem Kampf von David gegen Goliath. Ihr stellen sich althergebrachte und von Männern getragene Machtstrukturen entgegen, die bei den Bauern vor Ort zwar schon lange Zeit auf Unmut stoßen, aber bislang von niemandem öffentlich angeprangert wurden. Hákonarson kontrastiert Ingas Kampf mit hochästhetischen, mitunter an Stillleben erinnernde Naturaufnahmen und Zum Inhalt: Landschaftspanoramen. Die triste Weite Islands mit ihren schroffen Formen untermauert Ingas ausweglose Situation und bietet ihr zugleich den Raum, eigene Wege zu beschreiten. Diese Ambivalenz spiegelt sich in allen Figurenzeichnungen von "Milchkrieg in Dalsmynni" wider, was zum einen an der realistischen Zum Inhalt: Ausgestaltung der Settings und zum anderen an den nachvollziehbaren Motiven der Handelnden liegt.

Milchkrieg in Dalsmynni, Trailer (© Alamode Film)

Moderne Gesellschaften sind von kulturellen, politischen und sozialen Gegensätzen, wie sie "Milchkrieg in Dalsmynni" aufgreift, bestimmt. Die westliche Kultur ist dabei im Besonderen geprägt von Individualismus und Selbstverwirklichung. Gleichzeitig sind die Menschen Strukturen unterworfen, über die sie selbst nicht bestimmen, was im Film anhand der mächtigen Kooperative versinnbildlicht wird. In den Fächer Ethik, Lebenskunde, Philosophie, aber auch Wirtschaft kann dieser Dualismus aufgegriffen werden: Müssen die Bedürfnisse eines Einzelnen immer hinter denen der Gemeinschaft zurückstehen? In diesem Zusammenhang ist es sinnvoll, sich mit der Rechtsform und den Zielen einer Genossenschaft auseinanderzusetzen und mit Ingas Kritikpunkten zu vergleichen. So werden im Film die Milchpreise nicht durch Angebot und Nachfrage bestimmt, sondern von der Kooperative festgelegt. Eine wesentliche Rolle in Ingas Kampf spielen soziale Plattformen, die sie gezielt nutzt, um die Missstände publik zu machen. In diesem Zusammenhang können im Fach Gesellschaftskunde wie auch im Deutschunterricht Vergleiche zu Protestbewegungen wie "Fridays for Future" gezogen, aber auch Begrifflichkeiten wie Influencer herausgearbeitet werden. Der Fokus sollte dabei auf der Wirkungsweise von sozialen Netzwerken liegen und der Frage, wie Informationen und Darstellungen von Personen oder Ereignissen mittels digitaler Medien eine große Öffentlichkeit erreichen.

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