In der Nähe eines antiken Amphitheaters (Glossar: Zum Inhalt: Drehort/Set) irgendwo in Italien entdeckt der alte Straßenkehrer Beppo ein 10-jähriges Mädchen, das dort allein mit seiner Schildkröte Kassiopeia lebt. Die Waise Momo erobert mit ihrer offenen, lebensfrohen Art schnell die Herzen aller Menschen in ihrer Umgebung. Eines Tages jedoch tauchen in der Stadt Herren in grauen Anzügen (Glossar: Zum Inhalt: Kostüm/Kostümbild) auf, die unablässig Zigarre rauchen. Sie reden den Leuten ein, sie sollten den Tag besser nutzen, statt ihn etwa mit Schlafen zu vergeuden. Zufällig erfährt Momo, dass diese Herren nur darauf aus sind, die Lebenszeit der Menschen zu stehlen. Diese rauchen sie in Form getrockneter Stundenblumen, um dadurch selbst am Leben zu bleiben. Mit Unterstützung von Meister Hora, dem Verwalter der menschlichen Lebenszeit, versucht Momo, die grauen Herren zu stoppen und den Menschen ihre gestohlene Zeit zurückzugeben.

Der französische Semiotiker Roland Barthes hat 1967 in einem Aufsatz darauf hingewiesen, dass ein Autor nicht die zeitlose Deutungshoheit über sein Werk besitzt. Michael Ende, der 1986 als Drehbuchautor (Glossar: Zum Inhalt: Drehbuch) und in der Rolle des Zugreisenden als Nebendarsteller an der Verfilmung seines 1973 erschienenen Romans (Glossar: Zum Inhalt: Adaption) mitwirkte, zeigte sich damals mit dem Ergebnis zufrieden. Wenn der Filmklassiker, der sich eng an den Roman hält, nun in restaurierter Digitalfassung erneut in die Kinos kommt, ist das vor dem Hintergrund der "Fridays for Future"-Bewegung sicher kein Zufall, auch wenn Momo jünger ist als Greta Thunberg. Die Kritik an den grauen Herren in ihren Großraumlimousinen, die mit "Qualm" die Luft verpesten, den Menschen die Zeit und damit ihre Zukunft stehlen, hat nichts von ihrer Relevanz und Brisanz verloren. Das moderne Märchen wurde damals für den internationalen Markt in englischer Sprache gedreht, doch die Zeit war noch nicht reif, Momo sagen zu lassen: "How dare you?"

Momo (WA), Trailer (© Croco Film)

Vor allem in den Fächern Deutsch und Gemeinschaftskunde lohnt es sich, den Märchenfilm mit der literarischen Vorlage zu vergleichen. Filmästhetisch lässt sich "Momo" in Bezug auf seine starke Anlehnung an die Ästhetik des Theaters (Drehbühne, Kulissen, Lichtführung (Glossar: Zum Inhalt: Licht und Lichtgestaltung), Farbgebung (Glossar: Zum Inhalt: Farbgestaltung)) und inhaltlich unter Einbeziehung seiner Entstehungszeit mit den heutigen Zielen und Forderungen der "Fridays for Future"-Bewegung analysieren. Wie steht es um die Werte und Normen, damals in den 1980ern noch vor der deutschen Wende, und heute, wie um Solidarität in der Gemeinschaft? Welche Fragen stellt der Film und die aktuelle Bewegung in Bezug auf die kapitalistische Ideologie des Wachstums um jeden Preis? Ist es verwunderlich, dass Widerstand gerade von der jungen Generation geleistet wird und Kinder "die Welt retten" wollen? Solche politischen und ethischen Fragestellungen bewegen junge Menschen heute mehr denn je und sollten daher auch im fächerübergreifenden Unterricht aufgegriffen werden.

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