Kategorie: Film
"The Homesman"
The Homesman
US-Western aus einer weiblichen Perspektive
Unterrichtsfächer
Thema
Mitte des 19. Jahrhunderts ist der "Wilde Westen" nur rudimentär erschlossen. In einer kleinen Gemeinde in Nebraska kämpfen die Pionier/-innen mit den lebensfeindlichen Witterungsbedingungen und der Isolation. Während drei Frauen der Siedlung den Verstand verlieren, trotzt die unverheiratete Farmerin Mary Bee Cuddy den widrigen Umständen in der Prärie. Als ein "Homesman" gesucht wird, um die drei psychisch kranken Frauen zurück in die Zivilisation zu bringen, erklärt sich Cuddy zu der Aufgabe bereit. Der Gesetzlose George Briggs wird von ihr auf dem gefährlichen Weg in den Osten als Begleiter zwangsverpflichtet. Aus dem pragmatischen Zusammenschluss entwickelt sich auf der mehrwöchigen Reise eine Gemeinschaft. Briggs lernt Cuddy zu schätzen, übersieht jedoch, dass ihre Robustheit einen fragilen Boden hat.
Mit "The Homesman" hat Regisseur und Hauptdarsteller Tommy Lee Jones einen Zum Inhalt: Western realisiert, der sich zwischen den Polen Dekonstruktion und Tradition bewegt. Der Film entromantisiert den Mythos der "Frontier" durch eine Erzählung über harte Arbeit, karge Natur und Wahnsinn. Anstatt genreüblich mit erhabenen Landschaftsaufnahmen grenzenlose Freiheit zu beschwören, unterstreichen die bedrückend kargen Zum Inhalt: Cinemascope-Aufnahmen die Verlorenheit der Pioniere. Im Mittelpunkt des Films steht zunächst die Erfahrungswelt der Frauen. Mary Bee Cuddy setzt sich gleich mehrfach über die Geschlechterkonventionen hinweg – in ihrer Funktion als "Homesman", aber auch, wenn sie allein stehende Männer offensiv mit Heiratsanträgen konfrontiert. Am entschiedensten erweitert der Film das Zum Inhalt: Genre, wenn er die psychischen Konsequenzen der Grenzerfahrung thematisiert – auch wenn der Wahnsinn im Film nur die Frauen befällt. Allerdings verzichtet der Regisseur weder auf eine klassische Zum Inhalt: Dramaturgie noch auf die archetypische Westernfigur des Gesetzlosen, dem der Film seinen trockenen Humor verdankt, so dass "The Homesman" am Ende unweigerlich zu den Traditionslinien des Genres zurückkehrt.
Im Unterricht bietet sich eine Beschäftigung mit dem Western-Genre an. Welche Dekonstruktionen des Genres nimmt Tommy Lee Jones vor, welche Konventionen werden fortgeschrieben? Ein Vergleich mit Kelly Reichardts Neo-Western "Auf dem Weg nach Oregon" ("Meek’s Cutoff," USA 2010) könnte hierbei nicht nur im Hinblick auf die Zum Inhalt: Inszenierung und Erzählweise (Erzähltempo, Zum Inhalt: Bildformat, Bildsprache), sondern auch in Bezug auf die Analyse von Geschlechterrollen. Die Gegenüberstellung der beiden Frauenfiguren kann dabei deutlich machen, wie stark "The Homesman" im Vergleich zu Reichardts Realismus an den Regeln einer Heldenerzählung festhält. Im Geschichtsunterricht empfiehlt sich "The Homesman" außerdem als eine ideale Vorlage für die Beschäftigung mit der US-amerikanischen Geschichte der Pioniere. Der Film eröffnet einen neuen Blick auf in diesem Zusammenhang wenig thematisierte Erfahrungen wie Einsamkeit und Isolation.