An einem Jungengymnasium einer deutschen Provinzstadt der Kaiserzeit unterrichtet Professor Rath seine Klasse mit Pedanterie und Sittenstrenge. Als er erfährt, dass die Schüler Abend für Abend im Hafenviertel das Varieté "Der blaue Engel" besuchen, begibt er sich selbst in die Spelunke, um sie zu überführen. Stattdessen aber begegnet er dort der verführerischen Lola Lola, dem Star des Etablissements, und verliebt sich in sie. Seine Heirat mit der frech-frivolen Sängerin kostet ihn seine bürgerliche Existenz und richtet ihn schließlich zugrunde.

Der deutsche Kinoklassiker "Der blaue Engel" (DE 1930), eine freie Verfilmung (Glossar: Zum Inhalt: Adaption) von Heinrich Manns 1905 erschienenem Roman Professor Unrat, ist weniger eine Satire über das deutsche Bildungsbürgertum um 1900 als vielmehr eine Studie über männliche Projektionen. Der aus Österreich stammende US-Regisseur Josef von Sternberg, der für die Produktion eigens von der deutschen Filmgesellschaft UFA engagiert wurde, entwickelte das Filmgeschehen in sorgfältig komponierten Bildern, die durch eine ausgefeilte Lichtsetzung (Glossar: Zum Inhalt: Licht und Lichtgestaltung) geprägt sind – nicht zuletzt aber auch durch extravagante Dekors und Zum Inhalt: Kostüme. Im Mittelpunkt steht dabei Marlene Dietrich, die in ihrer Rolle als Lola Lola zur Kinoikone wurde. Sternberg inszenierte sie als ein sinnliches Versprechen: Die glänzenden Oberflächen ihrer Garderobe – oftmals Pailletten oder auch schillernde Stoffe – verweisen dabei auf die Konstruiertheit des Kamerablicks (Glossar: Zum Inhalt: Bildkomposition); Lola Lola erscheint geradezu wie eine männliche Imagination. Dieser Eindruck wird verstärkt, indem die Sängerin immer wieder auch in Spiegeln, reflektierenden Scheiben oder auf Postkarten, Plakaten und Fotografien zu sehen ist. Während in diesem frühen Tonfilm Dialoge auffällig reduziert eingesetzt werden, sind Zum Inhalt: Musik und Liedtexte von zentraler Bedeutung. So stimmt im Zum Inhalt: Vorspann zunächst ein Orchester Mozarts "Üb immer Treu und Redlichkeit" an, bevor die Melodie nahtlos in die des Liedes "Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt" von Friedrich Hollaender übergeht. Die beiden Kompositionen stehen für die konträren Milieus, die im Film in Gestalt von Professor Rath und Lola Lola aufeinandertreffen.

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Im schulischen Kontext könnte der erfindungsreiche Einsatz der verschiedenen Melodien, Tonelemente und Lauteffekte in "Der blaue Engel" im Rahmen des Musikunterricht untersucht werden: Die Spannbreite reicht hier vom Glockenspiel über Volkslieder bis zu den berühmten Chansons von Hollaender. Im Kunstunterricht bietet es sich an, die artifizielle Bildästhetik des Films zu thematisieren – speziell die an die Traditionen des expressionistischen deutschen Zum Inhalt: Stummfilms anknüpfende Beleuchtung und das Zum Inhalt: Set Design. Schon Sternbergs kapriziöse Kostüme und Kulissen verdeutlichen, dass der Film etwas gegenüber der literarischen Vorlage Eigenständiges ist. Im Deutschunterricht lassen sich mediale aber auch thematische Differenzen von Roman und Film herausarbeiten.

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