Weihnachten ist in einem erbärmlichen Zustand. Der Weihnachtsmann hängt betrunken vom Paradewagen, selbst die kleine Susan glaubt nicht an "Märchen" und weiß nur allzu gut, woher die Geschenke in Wirklichkeit kommen – ihre Mutter ist die Frau, die die alljährliche Weihnachtsparade des Kaufhauses Macy's in New York veranstaltet. Doch "Das Wunder von Manhattan" (USA, 1947) wird dafür sorgen, dass die Klage über die Kommerzialisierung des Weihnachtsfests und hohl gewordene Rituale nicht die letzte Botschaft bleibt. Ein seltsamer alter Mann mit weißem Bart wird zum neuen "Santa Clause". Der beseelte Herr mit dem Namen Kris Kringle spielt seine Rolle, die vielleicht gar keine Rolle ist, so überzeugend, dass man ihn bald für verrückt erklärt. Aber alles wird gut. Das Scheidungskind Susan bekommt sogar einen neuen Vater, in einem neuen Haus. Alle Wünsche werden wahr.

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Charles Dickens‘ A Christmas Carol als Blaupause für den Weihnachtsfilm

Erstaunlich früh, vielleicht nicht zufällig um die Zeit des Zweiten Weltkriegs, sind die alle Jahre wiederkehrenden Motive und Figuren des Weihnachtsfilmgenres festgelegt: Kindlicher Wunderglaube, manchmal christlich konnotierte Barmherzigkeit und Nächstenliebe, die Kritik an kapitalistischer Gier und über allem die Sehnsucht nach Familie sind die immer gleichen Werte, die abwechselnd dekonstruiert und dann doch noch im selben Film wiederhergestellt werden. Charles Dickens' Erzählung A Christmas Carol (1843), in den Jahren 1938 und 1951 klassisch verfilmt und 1992 als Zum Filmarchiv: "Die Muppets-Weihnachtsgeschichte" mit Jim Hensons berühmten Puppen Zum Inhalt: adaptiert, darf als Blaupause gelten, hinter der der biblisch-religiöse Urstoff fast verblasst. Die Wesenszüge des reichen Mister Scrooge, der das Fest verachtet und durch die Begegnung mit den "Geistern der Weihnacht" geläutert wird, finden sich in nahezu jedem Film zumindest der angloamerikanisch-europäischen Tradition, die das Zum Inhalt: Genre und damit das Bild des Fests samt seiner kulturellen Praktiken prägt. Das gilt bis hin zum grünen Monster Grinch. Nach einer Realverfilmung der populären Figur aus Dr. Seuss' Kinderbuch Wie der Grinch Weihnachten gestohlen hat (1957) wurde der gleichnamige Zum Inhalt: Animationsfilm "Der Grinch" (USA, 2018) mit einem Einspielergebnis von mehr als einer halben Milliarde Dollar zum erfolgreichsten Weihnachtsfilm aller Zeiten.

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Adventszeit, Blockbuster-Zeit

Solche Rekorde allerdings sind selten geworden, sodass der Eindruck entstehen könnte, der Weihnachtsfilm habe seine besten Jahre hinter sich. Zwar bleibt der Dezember der kassenträchtigste Monat des Jahres, an dem die deutschen Kinos nach Zahlen der Filmförderanstalt (FFA) ein Neuntel ihres Jahresumsatzes erwirtschaften. Seit jeher werden zur Vorweihnachtszeit die besonders prestigeträchtigen Großproduktionen programmiert. Doch klassische Weihnachtsfilme, in denen das Fest tatsächlich vorkommt oder gar im Mittelpunkt steht, spielen dabei kaum mehr eine Rolle. Die Zum Inhalt: Fantasy-Trilogien (NZ, 2001-03) und (NZ, 2012-14), deren weihevolle Stimmung noch zur Adventszeit zu passen schien, wurden inzwischen von den neueren Filmen des Zum Filmarchiv: "Star Wars"- Zum Inhalt: Franchise (USA, 2015-19) abgelöst. Der weihnachtliche Zum Inhalt: Blockbuster folgt keinen inhaltlichen oder ästhetischen Vorgaben, sondern den Regeln des Markts.

Doch der alleinige Blick auf die Kinos unterschlägt einige multimediale Zusammenhänge, von denen das Genre seit jeher profitiert. Bekanntlich wurde die immer wieder US-amerikanische Bestenlisten anführende Tragikomödie Zum Filmarchiv: "Ist das Leben nicht schön?" (USA, 1946) erst durch ihre wiederholte TV-Ausstrahlung in den 1970er-Jahren populär. Weihnachtsfilme sind Teil des alljährlichen Rituals: Sie werden nicht nur einmal, sondern durch die Generationen hindurch immer wieder gesehen, was aber auch heißt: gesendet, auf DVD verkauft und heutzutage auch gestreamt. Nicht umsonst verdoppelte der Streamingdienst Netflix 2019 sein Angebot an Weihnachtstiteln, in der Tradition des US-amerikanischen Hallmark-Kanals, der dem Bedürfnis nach harmonieseligem Weihnachtsentertainment einen Großteil seiner Einnahmen verdankt. Dabei wählte Netflix die Filme vorausblickend so aus, dass die Hälfte der romantischen Hauptrollen mit Nicht-Weißen besetzt waren. Entsprechende Kritik mangelnder Diversität war in den Jahren zuvor gegen Hallmark laut geworden. Zeigt doch allein die große Menge von Weihnachtsfilmen mit Schwarzer Besetzung (etwa "Friday After Next" (USA, 2002) mit Rapper Ice Cube, oder das Starvehikel "Almost Christmas" (USA, 2016) mit Danny Glover), dass das Bild einer "weißen Weihnacht" kaum die gesellschaftliche Realität widerspiegelt. Just 2019 allerdings konnte der Netflix-Konkurrent aufholen, dank zweier Filme mit Bezug zum Chanukka-Fest, dem oft so bezeichneten jüdischen Pendant zu Weihnachten.

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Weihnachtsfilm - ein schwer zu definierendes Genre

Was aber genau ist ein Weihnachtsfilm? Beliebt, wenn auch keineswegs dominant ist er als moderne, mehr oder weniger säkulare Form des Märchens. Nicht einmal der Bezug zum Fest scheint zwingend nötig. In den sozialistischen Ländern populäre Wintermärchen wie "Die Schneekönigin" (SU, 1967) und Zum Filmarchiv: "Drei Haselnüsse für Aschenbrödel" (CSSR/DDR, 1973) werden in der Adventszeit bis heute Jahr für Jahr ebenso im deutschen Fernsehen ausgestrahlt wie die Filme der "Sissi" -Trilogie (Ö, 1955-57). Die nostalgische Adelsgeschichte "Der kleine Lord" (GB, 1980), in ihrem Produktionsland Großbritannien nahezu unbekannt, zählt in vielen deutschen Familien zum Standardprogramm. Die Familie ist das Dauerthema. Sie muss unbedingt zusammengehalten werden, etwa durch die Väter in "Schöne Bescherung" (USA, 1989) und dem zweifach fortgesetzten "Santa Clause – Eine schöne Bescherung" (USA, 1994), die verzweifelt um ein schönes Fest und ihren Status als Familienoberhaupt ringen. Sie wird heiß geliebt und zugleich verflucht in "Fröhliche Weihnachten" (USA, 1984), steht sie doch dem größten Wunsch des Sprösslings im Wege, dem Red-Ryder-Luftgewehr mit eingebautem Kompass ("Du schießt dir das Auge aus"). In "Kevin – Allein zu Haus" (USA, 1990), einem der erfolgreichsten Filme des Genres, ist sie einfach nicht mehr da – und das vergessene Kind, dessen größter Wunsch zum eigenen Schrecken wahr wurde, erlebt die aufregendsten Weihnachten seines Lebens.

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Die Filme nehmen Weihnachtsklischees auf die Schippe, und nutzen die festlichen Widersprüche für jeden erdenklichen Zweck. Es gibt sie als herzensgute TV-Specials ("Die Peanuts – Fröhliche Weihnachten" , USA, 1965), als überbordende Fantasy (Zum Filmarchiv: "Nightmare Before Christmas", USA, 1993) und als makabre Horrorfilme ("Black Christmas" , CAN, 1974). Sie attackieren die Tradition und halten sie zugleich aufrecht, weshalb es auch nicht verwundert, dass der betrunkene Kaufhausweihnachtsmann aus "Das Wunder von Manhattan" – 1994 erfolgreich neuverfilmt – in "Bad Santa" (USA, 2003) wieder auftaucht, diesmal als Hauptfigur. Alle Jahre wieder stellt sich auch die Frage, ob ein Actionreißer wie "Stirb langsam" (USA, 1988) als Weihnachtsfilm zu gelten hat. Spielt die Handlung um einen gestrauchelten Polizisten, der sich im Kampf gegen ruchlose Terroristen mit seiner Frau versöhnt, nicht nur zufällig zu Weihnachten? Oder ist es gar der Weihnachtsfilm schlechthin?

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Ein Genre passt sich an: Der Weihnachtsfilm als modernes Patchwork

Weihnachtsfilme versöhnen Wunderglaube mit Realismus und sozialen Gegensätzen, das Heilige mit dem Profanen, dysfunktionale Familien mit ihren Problemen und wie im Fall von "Tatsächlich… Liebe" (GB, 2003) gleich eine ganze Gesellschaft mit sich selbst. Als inhaltliche Zusammenfassung unzähliger romantischer Komödien zum Thema bringt der britische Ensemblefilm, ein optimistisches Dokument der Labour-Ära, nahezu sämtliche Familien- und Lebensmodelle unter einen Hut. Mit der Familie, als Hort von Beständigkeit und Tradition so brüchig geworden wie das "Fest der Liebe" selbst, modernisiert sich auch das Genre. Kleine und große Menschen verschiedener sozialer Positionen und vielfältigster Identitäten finden auf unwahrscheinlichsten Wegen zum Glück, der Premierminister und seine Praktikantin aus einfachen Verhältnissen den Mut zur Liebe. Denn an Weihnachten erweisen sich alle Konflikte als lösbar. Einmal im Jahr, im rituellen Bruch der Alltagsroutine, wird der menschliche Zweifel überwunden. Gerade in unruhigen Zeiten spendet diese frohe Botschaft vielleicht etwas Hoffnung.

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