Nicht nur Zum Inhalt: Dokumentarfilme, auch Zum Inhalt: Spielfilme und Serien prägen unser Bild vom Nationalsozialismus wesentlich. Schon bald nach 1945 begann die Produktion von fiktionalen Filmen über das Hitler-Regime, in Deutschland ebenso wie im Ausland, heute ist die Menge geradezu unüberschaubar. Dabei war gerade dieses historische Zum Inhalt: Genre stets höchst umstritten. Keineswegs alle Filme waren willkommen, zumal in der deutschen Nachkriegsgesellschaft standen Verdrängung und Schuldabwehr einer Aufarbeitung entgegen. In der weiteren Debatte waren ästhetische Fragen der richtigen oder erlaubten Darstellung immer auch politisch zu verstehen. Wer etwa sollte zuvorderst gezeigt werden, die Täter oder die Opfer? Wer durfte überhaupt erzählen von Krieg und millionenfachem Mord und mit welchen Mitteln? Mit jeder neuen "Welle" von "Täterfilmen" tauchen dieselben Fragen wieder auf, die indes auch stets abhängig waren vom jeweiligen historisch-soziopolitischen Kontext. Hier soll daher erläutert werden, wie NS-Täter und -Täterinnen im Wandel der Filmgeschichte porträtiert wurden.

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In Ost und West: frühe Filme gegen das Vergessen

Überraschend ist zunächst die Typenbreite bereits im frühen deutschen Nachkriegsfilm. Der singende Nazi-Mörder unterm Weihnachtsbaum in "Die Mörder sind unter uns" (Wolfgang Staudte, DE 1946), brutale KZ-Schergen in "Morituri" (Eugen York, DE 1948) oder "Nackt unter Wölfen" (Frank Beyer, DDR 1963) – in Ost wie West gab es durchaus Bemühungen, die längst absehbare Mauer aus Schweigen und Verdrängung zu durchbrechen. Meist jedoch beschränkten sich diese zudem fiktiven Charaktere auf Nebenrollen nachrangiger Nazi-Schergen. Eine Ausnahme bildet "Der letzte Akt" (DE 1955) von Georg Wilhem Pabst: Hier widmet sich der deutsche Zum Inhalt: Regie-Veteran sogar der NS-Führungselite um Hitler, Goebbels und Himmler, deren letzte Stunden im "Führerbunker" später Oliver Hirschbiegels Zum Filmarchiv: "Der Untergang" (DE/I/AT 2004) ganz ähnlich zeigen sollte. Diese Einzelfälle widerlegen zumindest eines: Es gab nie ein Tabu der Darstellung, wie es früh zur Entlastung und später umgekehrt als gezieltes Werbemittel immer wieder vorgebracht wurde. Von einer nachhaltigen Wirkung kann allerdings ebenso wenig die Rede sein. Das westdeutsche Kinopublikum der Wirtschaftswunderzeit bevorzugte die populären Wehrmachtsfilme wie "Des Teufels General" (Helmut Käutner, BRD 1955) oder den Serien-"Straßenfeger" "08/15" (Paul May, BRD 1954/55), in denen schneidige Offiziere Befehle "von oben" höchstens widerwillig befolgten. Im Schatten des Kalten Krieges und der anstehenden Wiederbewaffnung galt es nicht zuletzt, das Bild des "sauberen" Wehrmachtssoldaten aufrechtzuerhalten. Etwas später fand es sich sogar in internationalen Großproduktionen wie "Steiner – Das eiserne Kreuz" ("Cross of Iron" , Sam Peckinpah, UK/BRD/YU 1977).

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Während ausländische Produktionen wie "Urteil von Nürnberg" ("Judgement at Nuremberg" , Stanley Kramer, USA 1961) längst Kriegsverbrechen, Euthanasie und auch den Holocaust thematisierten, blieben Täter/-innen im deutschen Film weitgehend unsichtbar. Eine wichtige Ausnahme bildet "Aus einem deutschen Leben" (Theodor Kotulla, BRD 1977). Unter dem fiktiven Namen Franz Lang schildert der Film den gesamten Werdegang des Auschwitz-Lagerkommandanten Rudolf Höß, vom orientierungslosen Frontsoldaten nach dem Ersten Weltkrieg zum skrupellosen Vollstrecker des nationalsozialistischen Vernichtungswillens. Langs "deutsche Tugenden" wie Gehorsam, Pflichtbewusstsein und Organisationstalent, gepaart mit ideologischer Verblendung, ergeben die tödliche Mischung. Der exemplarische Titel betont die Gewöhnlichkeit dieses Lebenswegs, auch Langs Karrierebewusstsein und Sehnsucht nach materieller Sicherheit unterscheiden ihn nicht von anderen Deutschen. In der politischen Analyse des Films spiegelt sich der antiautoritäre Geist der 1968er-Bewegung.

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Holocaust – Eine US-Serie wird zur Zäsur

Zur erinnerungspolitischen Zäsur jedoch wurde mit der Fernsehserie "Holocaust" (Marvin J. Chomsky, USA 1978) – ein sich wiederholendes Muster – eine US-amerikanische Produktion. Von mancher Kritik als kommerzielle "Trivialisierung" geschmäht, stieß die emotional erzählte Geschichte der deutsch-jüdischen Arztfamilie Weiss auch in Deutschland auf breites Interesse. Inmitten drastischer Schilderungen jüdischen Leidens findet sich hier auch ein bemerkenswertes Täterporträt: Durch seinen SS-Eintritt wird Erik Dorf, zuvor arbeitsloser Anwalt und ein Bekannter der Familie, zum heimlichen Architekten der "Endlösung". Der mächtige Reinhard Heydrich, Leiter des Reichssicherheitshauptamts, dem dieser Titel gewöhnlich zugesprochen wird, verblasst geradezu neben seinem Adjutanten. Die Anklage ist subtil: Die fiktive Figur Dorf erscheint als eine Chiffre deutscher Täterschaft, die über die Nennung bekannter Namen hinausgeht. Vor allem ist er kein Fanatiker, sondern ein Mann des Apparats. In Dorfs Gesprächen mit Heydrich blitzen denn auch Elemente auf, die von der neueren Täterforschung bestätigt werden: Die Strukturen des Mordens müssen erst geschaffen werden. Zugleich ist es wenig sinnvoll, zwischen sogenannten Schreibtischtätern wie Dorf und gewaltbereiten Schergen etwa in den Lagern zu unterscheiden. Alle Teile sind aufeinander angewiesen.

Widerstand und Mitläufertum im Film der 1980er-Jahre

In der Bundesrepublik allerdings blieb dieser strukturelle Blick auf den NS-Staat Dokumentationen sowie etwa Fernsehverfilmungen der Wannsee-Konferenz (1984, zuletzt 2022) vorbehalten. Gleichwohl wuchs nach "Holocaust" auch hier – in der DDR wurde die US-Serie nicht gezeigt – die Bereitschaft zur Aufarbeitung. Dies zeigte sich allerdings weniger in einigen TV-Mehrteilern zur Judenverfolgung wie "Die Geschwister Oppermann" (Egon Monk, BRD 1983), als in einer ganze Reihe von Widerstandsfilmen. In "Die weiße Rose" (Michael Verhoeven, BRD 1982) oder "Das schreckliche Mädchen" (Michael Verhoeven, BRD 1990) kontrastierte Zivilcourage mit einer gewaltigen Menge von "kleinen" Mitläufer/-innen, Denunziant/-innen oder auch Alt-Nazis, die ihre Beteiligung nach 1945 verschweigen. Sie gehören bis heute zum Stammpersonal nahezu jedes Films oder "Event"-Mehrteilers zum Thema. Zu fragen wäre allerdings, mit wem sich das Publikum identifizierte. Zur Wahrheit gehört nämlich auch, dass über die entsprechenden Filme und Serien mit wachsendem Abstand immer auch Generationenkonflikte ausgetragen wurden. Zunehmend ersetzten sie nicht nur Zeitzeugenschaft; zwischen einer nachgewachsenen Jugend ohne Kriegserfahrung und der Generation der Täter/-innen diente die Frage nach der Schuld auch der politischen Verortung und Abgrenzung. Dass der Holocaust weiterhin kaum vorkam, mag indes einem anderen Problem geschuldet sein. Sollten etwa deutsche Schauspieler/-innen die Gräueltaten in den Vernichtungslagern nachspielen, oder gar das Leiden der Opfer? Aber auch international lautete die Frage, wie sich die Shoah überhaupt darstellen ließe, ohne die Gefühle der Überlebenden und Angehörigen der Opfer zu verletzen.

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Fast ein halbes Jahrhundert nach Kriegsende übernahm Steven Spielbergs Zum Filmarchiv: "Schindlers Liste" ("Schindler’s List" , USA 1993) diese Aufgabe und brach dabei mit mehreren Darstellungstabus: Sein hochemotionales Drama zeigte nicht nur das Innere einer Gaskammer, sondern mit dem "Judenretter" Oskar Schindler auch einen Deutschen als Helden. Als gleichwertiger Gegenspieler dient dem Film mit dem SS-Lagerkommandanten Amon Göth, nach ebenfalls historischem Vorbild, ein unberechenbarer Gewaltmensch mit sadistischen Neigungen. Spielbergs lange umstrittene Darstellung des Lagergrauens hatte solch durchschlagenden Erfolg, dass damit alles gesagt schien. Der Eindruck drängt sich zumindest auf im Blick auf das weitere Filmschaffen im wiedervereinigten Deutschland. Mit großer Wucht widmeten sich deutsche Produktionen nun gerade nicht dem Holocaust, sondern jenem Täterkreis, der nach Meinung vieler schon immer für alles verantwortlich war: Hitler, Himmler, Goebbels und der Rest der nationalsozialistischen Führungselite. Wie es dazu gekommen war, wie und warum aus Menschen Täterinnen und Täter wurden, war weniger interessant. Und die Opfer verschwanden, mit einigen Ausnahmen, ein weiteres Mal aus dem Bild.

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Hitler, Goebbels & Co – die Faszination der Macht

Filme unterschiedlicher Machart wie Zum Filmarchiv: "Der Untergang" (Oliver Hirschbiegel, DE/IT/AT 2004) oder das Doku-Drama "Speer und Er" (Heinrich Breloer, DE 2005) stießen auf breites Publikum und meist wohlwollendes Medienecho. Der zusehends realitätsblinde Hitler im Bunker oder sein ergebener Rüstungsminister Albert Speer, der nie etwas gewusst haben wollte, wirkten offenbar faszinierend. Kennzeichnend war zum einen die Behauptung von Authentizität, die sich oft in einer modernen Mischung von Spiel- und Dokumentarszenen (Glossar: Zum Inhalt: Szene) äußerte. Doch vor allem die künstlerische Anverwandlung prominenter, meist männlicher Täterrollen durch renommierte Schauspieler galt nun als Sensation ("Bruno Ganz ist Hitler"). Weitere Gelegenheit für solche "Paraderollen" boten auch Parodien wie "Mein Führer – Die wirklich wahrste Wahrheit über Adolf Hitler" (Dani Levy, DE 2007), für die nach der Logik des behaupteten Tabubruchs nun ebenfalls Platz war. Und in Hollywood tauchte mit dem gebildeten SS-"Judenjäger" Hans Landa in "Inglourious Basterds" (Quentin Tarantino, USA/D 2009) die Figur des "charmanten Nazis" wieder auf. Der Versuch, die NS-Entscheidungsträger zu vermenschlichen beziehungsweise zu "entdämonisieren", wandelte auf dem schmalen Grat der Entlastung. Es ist das bleibende Dilemma jeder filmischen Auseinandersetzung mit Täter/-innen: Die alleinige Identifikation mit den Opfern ist allzu bequem. Das notwendige Verstehen von Täter/-innen allerdings birgt die Gefahr eines Verständnisses, das entschuldet oder zumindest relativiert.

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Neuere, deutsche wie internationale Filme zum Thema verstehen sich denn auch als Ergebnis eines Lernprozesses. Zum Inhalt: "The Zone of Interest" (Jonathan Glazer, USA/GB/PL 2023, Kinostart: 29.2.2024), ein weiteres Porträt von Rudolf Höß, vermittelt das Grauen im Vernichtungslager Auschwitz fast nur über die Tonspur. Die gelungene deutsche Serie Zum Filmarchiv: "Deutsches Haus" (DE 2023) zeigt das gespenstische Schweigen der Täter in den Frankfurter Auschwitz-Prozessen des Jahres 1963. In einem Doppelporträt von Adolf Hitler und Joseph Goebbels illustriert Zum Filmarchiv: "Führer und Verführer" (Joachim A. Lang, DE 2023, Kinostart: 11.7.2024) die subtilen Methoden der Nazi-Propaganda, und lässt zur Einordnung auch jüdische Zeitzeugen/-innen zu Wort kommen. Über das Gelingen der Verknüpfung privater Details mit realer Täterschaft lässt sich hier streiten. Nach historischen Ereignissen – aber auch unter der Gefahr, alte antisemitische Klischees zu bedienen – erzählt Zum Filmarchiv: "Stella. Ein Leben" (Kilian Riedhof, DE 2023) gar von einer Jüdin als Mittäterin. Vermutlich ist es also sinnvoll, in der Auseinandersetzung mit Täterinnen und Tätern weniger von einem Lernprozess als von sich ergänzenden Modulen zu sprechen. Fast alle der hier genannten Filme und Serien haben ihre Qualitäten. Doch die Gesamtheit der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft lässt sich in keinem filmischen Werk darstellen. Wir müssen alle Seiten kennen, damit sich Geschichte nicht wiederholt.

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