Wer mit seiner Schulklasse einen Film sehen möchte, muss sich entweder dafür eine DVD mit einer Lizenz zur nichtgewerblichen öffentlichen Vorführung ausleihen oder ein Kino besuchen. Gerade in ländlichen Gebieten ist der Gang ins Kino für Schulklassen nicht immer einfach, denn nicht in jedem Ort, in jeder Region gibt ein Kino. Umso wichtiger werden zukünftig digitale Distributionswege sein, die die Möglichkeit bieten, Filme im Klassenzimmer zu streamen oder herunterzuladen. Neben den verschiedenen Medienzentren gibt es weitere Bezugsquellen für Filme in der Bildungsarbeit, etwa den Bundesverband Jugend und Film e.V. (BJF) oder Firmen wie Matthias-Film, filmsortiment.de oder das Katholische Filmwerk. In der Mediathek der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) kann man unter anderen
die Zum Inhalt: Leipzig-Filme von Zum Inhalt: Dokumentarfilmer Zum Inhalt: Andreas Voigt über Glaube Liebe Hoffnung (1993)Andreas Voigt und viele Werke von Zum Inhalt: Thomas Heise über Stau – Jetzt geht's los (1992)Thomas Heise kostenlos sehen. Allerdings dienen diese Streaming-Angebote nur der privaten Nutzung, da sie nicht für den Einsatz im Unterricht lizensiert sind. DVDs mit entsprechender VÖ-Lizenz können im bpb-Shop erworben werden. Zunehmend wird auch über Konzepte wie "Bildungsclouds" gesprochen. Durch sie sollen Lehr- und Lernangebote im Internet gebündelt und einem weiten Nutzerkreis zugänglich gemacht werden.

In Deutschland existieren bereits in jedem Bundesland ein bis zwei Schulfilmserver, die sich dem Prinzip der Bildungscloud annähern. Dort werden Onlinemedien wie Filme vorwiegend durch die kommunalen Medienzentren erworben. Die Server selbst werden meistens von den Ländern und den Landesmedienzentren verwaltet und betrieben. In Berlin, Bremen und Hamburg übernehmen die Länder diese Aufgaben allein. Mit den Angeboten von Schulfilmserver wie "Sesam" (Baden-Württemberg), "Edmond" (Nordrhein-Westphalen) oder "Mesax" (Sachsen) sollen Lehrkräfte in die Lage versetzt werden, Filme im Unterricht nicht nur passend auszuwählen, sondern auch legal einzusetzen.

Die Cloud als pädagogisches System

Diese digitale Lernumgebung, die Bildungscloud, kann man sich ungefähr so vorstellen: Die Schüler und Schülerinnen sowie die Lehrenden erstellen sich ein individuelles Profil und loggen sich ein, wo und wann sie das möchten. So können sie digitale Dokumente erstellen, Präsentationen vorbereiten oder gemeinsam an Projekten arbeiten, Materialien sammeln oder Filme und Videos ansehen. Damit liegt der wesentliche Unterschied zwischen einer Bildungscloud und beispielsweise einem großen Schulserver auf der Hand: Es geht nicht nur darum Verwaltung und Organisation zu erleichtern, sondern um ein vielseitiges pädagogisches System, welches das interaktive Lernen mit digitalen Inhalten ermöglicht. Schulen mit Zugang zur Bildungscloud brauchen keine Server, die gewartet werden müssen. Sie müssen keine Netzwerke installieren, diese mühsam konfigurieren oder administrieren. Die Bereitstellung von IT-Diensten wie Datenspeicherung, Rechenleistung und Software erfolgen direkt durch die Cloud. Außerdem müssen sich die Lehrer und Lehrerinnen, wenn sie digitales Lehrmaterial einsetzen, nicht mehr mit Fragen des Urheberrechts beschäftigen, da die Angebote in den Clouds auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten und lizensiert sind.

Hasso-Plattner-Institut

Unkomplizierte Lizenzfreigaben

Das zeigt zum Beispiel der Einsatz von Filmmaterialien. Die öffentliche Vorführung eines urheberrechtlich geschützten Films setzt immer eine Lizenz voraus. Eine Lizenz zur Privatnutzung erlaubt die private Nutzung, jedoch keinerlei Vorführung oder Weitergabe – auch nicht im Rahmen des Unterrichts. Eine Unterrichtslizenz, die sogenannten Ö-Lizenz, erlaubt die Vorführung des Films im Unterricht des Lehrkörpers, der die Lizenz erworben hat. Eine Schullizenz erlaubt die Vorführung des Films im Unterricht an der Schule, für die die Schullizenz erworben wurde. Ist eine Schule dagegen in einer Bildungscloud organisiert, fällt die komplexe Frage nach den jeweiligen Lizenzfreigaben für den einzelnen Lehrenden weg, da die Lizenzfreigaben in der Cloud vom Bundesland oder der Schule administriert werden.

Bildungsclouds brauchen eine gute Infrastruktur

Mit welchen Möglichkeiten eine Bildungscloud weiterreichend ausgestattet sein kann, zeigt das "n-21 Projekt" in Niedersachen. Seit Anfang 2018 wird dort eine Cloudlösung von rund 80 Schulen erprobt, mit der Zielsetzung, die Einbindung einer Cloudlösung in den Schulalltag zu ermöglichen. Lehrende können hier Filme, Grafiken, Arbeitsblätter und weitere Lernmaterialien abrufen, eigene Materialien hochladen und ebenso in den direkten Austausch mit anderen Schulen gehen. Seit August 2019 arbeiten außerdem in Brandenburg 51 Schulen mit der "HPI Schul-Cloud", ein Bildungscloud-Prototyp des Hasso-Plattner-Instituts. Gerade im ländlichen Raum können Bildungsclouds darum eine unkomplizierte Möglichkeit sein, um Filme zu sichten und filmpädagogisches Begleitmaterial für die Lehrenden zur Verfügung zu stellen.

Technische Infrastruktur sowie eine angemessene Schulung der Nutzenden sind aber eine wesentliche Voraussetzung für den Erfolg einer Bildungscloud. Dem steht heute jedoch häufig noch der Ausbau leistungsfähiger Breitbandnetze im Weg. Gerade beim Ausbau der digitalen Infrastruktur sind ländliche Gebiete (IW-Studie 2019) abgehängt. In Ostdeutschland und auch in einigen westlichen Bundesländern wie etwa in Schleswig-Holstein gibt es nach wie vor deutliche Defizite bei der Breitbandanbindung.

Schlechter Anschluss bedeutet aber, dass Chancen der Digitalisierung und damit auch die facettenreichen Chancen für digitales Lernen im Rahmen einer Bildungscloud nicht genutzt werden können. Das soll, so die Hoffnung, in den kommenden Jahren der "DigitalPakt Schule" grundlegend ändern, mit dem Bund und Länder für eine bessere Ausstattung an Schulen mit digitaler Technik sorgen wollen.

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