Kategorie: Film
"Königreich Arktis"
Arctic Tale
Das Leben und Überleben zweier Tierkinder im allmählich dahinschmelzenden "Königreich" Arktis.
Unterrichtsfächer
Thema
Schmelzendes Königreich
Das Leben und Überleben zweier Tierkinder, der jungen Eisbärin Nanu und des Walrossmädchens Seela, im allmählich dahinschmelzenden "Königreich" Arktis steht im Mittelpunkt dieser aus dokumentarischen Bildern komponierten Geschichte. Die Erzählung spannt einen Bogen über annähernd zehn Jahre, von der Geburt der beiden arktischen Säugetiere bis zu dem Moment, wo sie selber Nachwuchs haben. Wohlbehütet wachsen die Jungtiere Nanu und Seela im Kreise ihrer Familien auf. Mit Mutter und Bruder durchstreift die kleine Eisbärin die Schneewüsten, während Seela inmitten einer großen Herde im Wasser und auf Eisschollen lebt. Das Dasein ist hart in der Arktis. Das Publikum wird Zeuge des Heranwachsens der Tierkinder, ihrer Nahrungsbeschaffung und ihres Existenzkampfes angesichts einer Umwelt, die sich durch den Klimawandel rapide verändert. Die Temperaturen steigen, der arktische Winter wird kürzer, das Eis zieht sich zurück. Während Nanu erfahren muss, dass das Jagen für Eisbären immer schwieriger wird und mit dem Hungertod ihres Bruders konfrontiert wird, finden Seela und ihre Herde kaum noch Schollen, die groß genug sind, um sich darauf auszuruhen. Auch die Polarfüchse, Seehunde, Möwen, Narwale oder Dickschnabellummen – die "Nebendarsteller" in diesem Film – werden mit der zunehmenden Gefährdung ihres Lebensraumes konfrontiert. Wie lange können tierische Polarbewohner wie Nanu und Seela diesen Bedingungen noch standhalten?
Expedition in die Tierwelt
Das Ehepaar Adam Revetch und Sarah Robertson, zwei der weltweit namhaftesten Tierdokumentarfilmer/innen, hat über 15 Jahre an der Fertigstellung von "Königreich Arktis " gearbeitet. Unterstützt von einem hochkarätigen Produktionsteam, zu dem unter anderen die Drehbuchautorin Linda Woolverton ("Der König der Löwen" , Roger Allers, Rob Minkoff, USA 1994) und der Komponist Alex Wurman (, Luc Jacquet, Frankreich 2005) zählen, ist eine kindgerecht erzählte, visuell bestechende Dokumentation entstanden. Spannende Jagdszenen oder Unterwasseraufnahmen lassen die Zuschauenden in die Welt dieser Polargiganten eintauchen – eine herausragende Kameraarbeit. Das Filmteam lebte mit den menschlichen Bewohnern/innen der Arktis, den Inuit, im Norden Kanadas und unternahm von den Iglubehausungen aus immer wieder Expeditionen in den Lebensraum der scheuen und auch nicht ungefährlichen Wildtiere. Die atemberaubenden Filmaufnahmen hinterlassen bei den Zuschauenden das Gefühl, etwas Einzigartiges miterlebt zu haben, das vielleicht in einigen Jahren nur noch Erinnerung sein wird.
Klimawandel als realer Rahmen
Die Authentizität der Bilder und die existentielle Bedrohung der arktischen Tierwelt durch den von Menschen verursachten Klimawandel setzen den Rahmen des dramaturgisch durchkomponierten Dokumentarfilms, der über das anrührende Schicksal von Nanu und Seela an das Mitgefühl und das ökologische Bewusstsein seines (jungen) Publikums appelliert. Leider nimmt es "Königreich Arktis" dabei mit den Fakten nicht immer sehr genau. Es findet zwar keine extreme "Vermenschlichung" statt, dennoch erscheinen Nanu und Seela (die im Film übrigens von je sechs Eisbären und Walrossen verkörpert wurden) weniger wie gefährliche Raubtiere, sondern eher wie zutrauliche Haus- und Kuscheltiere. Die märchenhafte Off-Stimme (im Original: Queen Latifah), die von teilweise sentimentaler Musik untermalt wird, beschönigt häufig die harte Realität, die Montage lässt bewusst Bilder aus, die den Identifikationsprozess der jungen Zuschauenden mit den tierischen Protagonistinnen irritieren könnten. So wird beispielsweise suggeriert, dass Mutter Eisbär und Nanu den toten Bruder in großer Trauer zurücklassen - tatsächlich jedoch, verrieten die Regisseure/innen in einem Interview, hätten sie ihn, ihrem Bärenhunger gehorchend, aufgefressen. Diese manipulative Dramaturgie untergräbt den Anspruch einer ernstzunehmenden Dokumentation auf Seriosität, indem sie Kinder und Jugendliche durch Verharmlosung zu schützen vermeint. Was im Animationsfilm sicher gut funktioniert, beispielsweise die Personifizierung der Raubtiere, überfrachtet zudem die dokumentarischen Bilder und überhöht den Aspekt des "Infotainement", der unterhaltenden Information.
Anregung zu Problembewusstsein
Insgesamt bietet "Königreich Arktis" jedoch einen gelungenen Einblick in einen Lebensraum, der bei Kindern nicht erst seit dem Berliner Zoobärenkind Knut auf Interesse stößt. Dem Film gelingt es, ein Problembewusstsein zum Bereich globale Klimaveränderung und der Einwirkung des Menschen auf natürliche Lebensräume anzuregen. Wie die Tiere der Arktis mit Zähigkeit, Überlebenswillen und Durchhaltevermögen ihr durchaus nicht einfaches Leben meistern, kann auch bei einem jüngeren Publikum motivierende Diskussionen und Reflexionen über eigenes Verhalten im Bezug zur Umwelt auslösen. Ob sich der (film-)abschließende Wunsch der Regisseure/innen erfüllt – "Learn More – Take Action" – bleibt nur zu wünschen.
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(Filmbesprechung vom 01.10.2005)
(Filmbesprechung vom 01.10.2004)
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