Im Archiv der 1972 gegründeten Zeitschrift "Ms.", der ersten feministischen Mainstream-Zeitschrift der USA, lagern Tausende, zum Teil unveröffentlichte Leserinnenbriefe aus den 1970er-Jahren. Ausgehend von Artikeln des Magazins erzählen die Briefeschreiberinnen darin von sich selbst und offenbaren unter anderem Geschichten von ihrem Ringen um Selbstbestimmung, von übergriffigen und gewalttätigen Männern, von Mehrfachdiskriminierungen als "Woman of Colour" oder von Benachteiligungen am Arbeitsplatz. Offen, ehrlich und emotional gehen die Leserinnen auch mit der Zeitschrift selbst ins Gericht. So beklagen einige das Fehlen realistischer "role models" für emanzipierte afro- oder lateinamerikanische Frauen und die fehlende weibliche Solidarität sowie Ignoranz gegenüber anderen sexuellen Orientierungen. Ins Heute transponiert werden diese klarsichtigen Zustandsbeschreibungen und Etappen weiblicher Emanzipation von Frauen und Mädchen aus den ganzen USA, die die Briefe vor der Kamera zunächst vorlesen und dann kommentieren.

Mit dieser dokumentarischen Zum Inhalt: Inszenierung setzt die Regisseurin Irene Lusztig die Themen der historischen Frauenbewegung in eine vielschichtige Beziehung mit der Gegenwart. Die ausgewählten Vorleserinnen haben jeweils eine persönliche Verbindung zu den angesprochenen Fragen der historischen Dokumente. Vier der damaligen Autorinnen hat Lusztig sogar wieder aufgespürt. Nun lesen sie ihre eigenen Briefe vor und blicken dabei auf ihre persönliche Biografie und die Zeit der Zweiten Welle der Frauenrechtsbewegung zurück. Bei der Bilanzierung der Erfolge und Misserfolge der Emanzipation sehen die Mitwirkenden jedoch kaum Anlass zur Euphorie. Denn obgleich mit jeder neuen Protagonistin deutlicher wird, wie sehr sich die Welt in den vergangenen 40 Jahren durch die Globalisierung und die beschleunigte Kommunikation verändert hat, zeigt "Yours in Sisterhood" auf, dass viele Probleme wie Gender Pay Gap, Übergriffe und Gewalt gegen Frauen (Thema "#MeToo") und die mediale Vermittlung von Klischeebildern immer noch auf der Tagesordnung stehen.

Yours in Sisterhood, Trailer (© Arsenal – Institut für Film und Videokunst e.V.)

Für den Einsatz im Ethikunterricht ist dieser Zum Inhalt: Dokumentarfilm besonders gut geeignet, weil er erfahrbar macht, dass soziale Entwicklungen nicht "von selbst" stattfinden, sondern dass jede/r Einzelne Teil dieser Entwicklungen ist und sie beeinflusst. Im Geschichtsunterricht kann am Beispiel von "Yours in Sisterhood" der Fortschritt der Gleichberechtigung diskutiert werden. Auch lässt sich zeigen, wie individuelles Handeln Geschichte formt und somit Geschichte immer als Geschichte der Vielen (statt: als "Geschichte der großen Männer") gelesen werden sollte. Die Frage, warum die Gleichberechtigung in bestimmten Lebensbereichen bis heute nicht erreicht ist und die Diskussion darüber, welche Änderungen dafür noch nötig sind, kann im Gemeinschaftskundeunterricht zu Thema: "Gleichstellung von Mann und Frau" geführt werden.

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