Wichtiger Hinweis:

Bildungsrelevant, weil der Film scharfsinnig von sozialen und politischen Spannungen in einer französischen Gemeinde erzählt und dabei Ursachen und Folgen struktureller Diskriminierung und sozialer Verdrängung anklagt.

Die Geschichte: politische Wirksamkeit in einem Nachbarort von Paris

Die junge Französin Haby lebt in einer Gemeinde am Rand von Paris. Als Stadtarchivarin und Präsidentin eines Vereins, der Menschen in sozialer Not hilft, kennt sie die Herausforderungen ihres (post-)migrantisch geprägten Viertels gut: Wohnungsnot, Politik, die an der Realität der Anwohnenden vorbeigeht, und struktureller Rassismus gehören dazu. Als der amtierende Bürgermeister plötzlich verstirbt, wird übergangsweise Pierre Forges zu seinem Nachfolger ernannt. Dieser ist hauptberuflich Arzt und hat keinen Bezug zur Gemeinde. Dem schwelenden Konflikt um die Grundsanierung eines Sozialbaus begegnet er mit Konfrontation, Polizeigewalt und schließlich Räumungen. Um dem Einhalt zu gebieten, lässt sich Haby als Gegenkandidatin für die Bürgermeisterwahlen aufstellen. Ihr Freund Blaz hingegen glaubt nicht an die Kraft politischer Mitbestimmung.

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Filmische Umsetzung: Nähe zu den Protagonist-/innen und klare Haltung

Nach seinem Debütfilm "Die Wütenden" ("Les Misérables" , FR 2019) präsentiert Regisseur Ladj Ly mit "Die Unerwünschten" den zweiten Teil einer Trilogie mit Geschichten aus den Vororten von Paris (Glossar: Zum Inhalt: Drehort/Set). Diesmal rückt Ly in einem emotionalen Sozialdrama Fragen nach politischer Macht und Mitgestaltung in den Fokus. In bildgewaltigen Zum Inhalt: Szenen mit explosiver Grundstimmung stellt der Film verschiedene Figuren gegenüber und zeigt anhand von Einzelbiografien die Komplexität des erzählten Konflikts auf: Auf der Seite der Machthabenden stehen der überforderte Pierre Forges und sein Rivale, der stellvertretende Bürgermeister Roger Roche, der selbst aus der Gemeinde kommt und zugleich versucht, sich von ihr abzugrenzen. Als Teil der politischen Führungsschicht verfolgen beide eigene Interessen. Auf der Seite der "Unerwünschten" stehen Haby und Blaz, stellvertretend für die junge Generation und die (post-)migrantische Bevölkerung. Zwischen politisch motivierter Gewalt und zivilgesellschaftlichem Engagement verteidigen sie ihr Zuhause. Im Zentrum befindet sich ihr zehnstöckiges Wohnhaus, bildlich eingefangen in eindrucksvollen Drohnenflügen (Glossar: Zum Inhalt: Kamerabewegungen). Nach einem Brand wird es im Moment der Evakuierung selbst zum anklagenden Protagonisten, dem das Innerste entrissen wird, wenn bei der Räumung Matratzen aus dem Fenster fallen und die Menschen, die dort gelebt haben, plötzlich auf der Straße stehen.

Thema: soziale Verdrängung und politisches Engagement

Staat gegen Bürger/-innen: Anhand eines Wohnhauses, das exemplarisch für ein Viertel steht, zeigt der Film Folgen von Gentrifizierung auf und verweist über Nebenfiguren auf das Thema selektive Einwanderungspolitik. Zugleich betrachtet "Die Unerwünschten – Les Indésirables" Chancen und Grenzen von politischem Engagement und macht deutlich, was es für Einzelpersonen heißt, verdrängt zu werden.

Kritische Aspekte

Seine Kraft entfaltet der Film durch seine klare Haltung, mit der er sich hinter Haby und die Bewohner/-innen des Viertels stellt. Dabei engt er sich dramaturgisch allerdings ein, lässt seinen Figuren wenig Raum zur Entwicklung und verfängt sich stellenweise in plakativen Szenen und Dialogen.

Fragen für ein Filmgespräch

  • Der Film beginnt mit dem Transport des Sarges von Habys Großmutter im engen Treppenhaus und dem tödlichen Herzinfarkt des Bürgermeisters. Was erfahren wir in diesen Szenen über die sozialen und politischen Strukturen vor Ort?

  • "Die Politik ist nicht für uns gedacht.", sagt Blaz am Rande einer Demo zu Haby. Diskutiert: Warum denkt er das? Welche Antwort hält Haby ihm entgegen?

  • Überlegt, wie das Wohnhaus in Szene gesetzt wird (Glossar: Zum Inhalt: Mise-en-scène/Inszenierung): Welche Bilder sind euch in Erinnerung geblieben? Welche Wirkung entfalten insbesondere die Drohnenaufnahmen?

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