Kategorie: Film
"Permanent Vacation"
Revisited: Jim Jarmuschs Debütfilm über einen jungen Drifter im New Yorker East Village von 1980. Jetzt in der arte-Mediathek
Unterrichtsfächer
Thema
Jim Jarmuschs Debütfilm "Permanent Vacation" beginnt mit Einstellungen von Straßen in New York City (Glossar: Zum Inhalt: Drehort/Set). Er zieht sich dann aber zurück aus dieser dicht bevölkerten Welt und folgt einem Einzelgänger, der mit einem Graffito seine Spur an einer Hausmauer hinterlässt: "ALLIE TOTAL BLAMBLAM". Aloysius "Allie" Parker, 16 Jahre alt, ist ein Drifter. Das heißt, er lässt sich treiben, er hat nichts Besonderes vor, er verhält sich cool, wie ein Tourist in einem nie endenden Urlaub ("permanent vacation"). Er gehorcht spontanen Impulsen und sammelt ein, was das Leben in einer Millionenstadt so mit sich bringt. Seine Freundin Leila sitzt rauchend am Fenster einer schäbigen, kleinen Wohnung. Allie legt zu einer Jazz-Platte einen wilden Tanz hin. Er besucht seine Mutter, die sich in psychiatrischer Behandlung befindet, später irrt er durch eine Ruinenlandschaft, vernimmt die Geräusche eines Krieges, geht ins Kino, lässt sich von einem Mann im Foyer etwas über das akustische Phänomen des Doppler-Effekts erzählen. Schließlich fasst Allie doch einen konkreten Entschluss: Er wird die Stadt verlassen und "auf ein Schiff" gehen. Der Film endet mit einem Bild der Skyline von Manhattan (damals noch mit dem World Trade Center), von einer Fähre aus betrachtet.
Im 20. Jahrhundert galt New York lange als Hauptstadt der Welt. Etwas von diesem Geist ist in "Permanent Vacation" perfekt getroffen. Denn Jim Jarmusch, der seit 1976 an der Kunsthochschule der New York University Film studierte, verband in seinem Abschlussfilm viele kulturelle Facetten. Die wichtigste Inspiration war der Jazz, im Besonderen der Bebop von Charlie Parker, auf den Allie sich entscheidend bezieht. Als er auf der Straße einen Saxophonisten trifft (Jarmuschs Freund John Lurie), wünscht er sich einen "vibrierenden, durchgeknallten Sound". Aus dem tragischen Schicksal des früh verstorbenen Charlie Parker leitet Allie auch seinen eigenen Existenzialismus her: "Wir sind alle allein". Jim Jarmusch machte "Permanent Vacation" auch zu einem Denkmal einer bestimmten Lebenswelt: Das East Village in Manhattan, von ihm festgehalten in langen Zum Inhalt: Einstellungen und Zum Inhalt: Plansequenzen, war um 1980 ein Labor der Künste, zugleich aber eine heruntergekommene, von der Gentrifizierung (noch) übersehene Gegend. Ein Freiraum, in dem sich auch das Kino neu erfinden konnte. Durch seine Premiere auf der Mannheimer Filmwoche erhielt der Film internationale Aufmerksamkeit, die Reaktionen in den USA blieben hingegen äußerst verhalten. Jarmusch wurde in der Folge zu der wichtigsten Figur des unabhängigen US-amerikanischen Kinos, mit einer stilistischen Mischung aus Poesie, Ironie und Zitat.
Eine Beschäftigung mit "Permanent Vacation" kann unter anderem zu einem besseren Verständnis von Popkultur beitragen. Allie Parker bewegt sich durch eine Welt, in der Objekte wie Bücher und Filmplakate als Zeichen bedeutsam sind. Es empfiehlt sich, beim Schauen des Films zuerst einmal einfach mitzuschreiben, und dann die Suchmaschine zu bemühen: Welche Songs oder Bücher tauchen auf, und was kann man damit anfangen? Welcher Film läuft in dem Kino, in das Allie geht? Was könnte damit gemeint sein, wenn die Städte New York oder Paris mit dem Ort Babylon gleichgesetzt werden? Neben der filmästhetischen Auseinandersetzung könnte eine Beschäftigung mit Begriffen wie Low-Budget-, Independent- oder Kultfilm sinnvoll sein, auch in Verbindung mit aktuellen Beispielen. Sind die sozialen Medien (zum Beispiel YouTube, TikTok) heute in ähnlicher Form ein Archiv für (Gegen-)Kultur, wie es "Permanent Vacation" damals für seine Generation sein konnte? Der Film kann überdies als Anlass genommen werden, sich mit den eigenen Erfahrungen mit (Pop-) Zum Inhalt: Musik und anderen kulturellen Ausdrucksformen zu beschäftigen.