Berlin im Herbst 1942. Täglich werden Jüdinnen und Juden verhaftet und deportiert. Diejenigen von ihnen, die noch in der Stadt leben, müssen Zwangsarbeit leisten oder untertauchen. Auch die jüdischen Eltern von Cioma Schönhaus wurden bereits "nach Osten" verschleppt. Nun bewohnt der junge Mann allein die geräumige bürgerliche Wohnung seiner Familie. Von den immer widrigeren Lebensumständen lässt sich Cioma jedoch nicht unterkriegen, im Gegenteil: Scheinbar unbekümmert bewegt er sich mit falschen Identitäten durch die Stadt, geht in Restaurants, fährt Straßenbahn und erfindet immer wieder dreiste Lügen. Als er das Angebot erhält, gegen Lebensmittelkarten gefälschte Pässe anzufertigen, ist der Ehrgeiz des ausgebildeten Grafikers geweckt. Mit größter Akribie stellt er fortan täuschend echte Dokumente her, immer in der Hoffnung, eines Tages einen für sich passenden Wehrmachtspass zu erhalten, der ihn bei einer Kontrolle schützen könnte. In seinem Übermut unterschätzt Cioma jedoch die Gefahr, in die er sich dabei begibt.

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Angelehnt an die reale Geschichte von Samson "Cioma" Schönhaus erzählt die Regisseurin Maggie Peren vom jüdischen Überlebenskampf in der Illegalität während der nationalsozialistischen Herrschaft. Sie zeichnet Cioma dabei als leichtfüßigen Charakter, der sich mithilfe der Technik der Mimikry – der täuschenden Nachahmung – fast einen Spaß daraus macht, seine Feinde auszutricksen. So gehen Cioma und sein ebenfalls jüdischer Freund Det schon mal in NS-Marineuniformen in eine Bar und überbieten sich in gespielter Liebe zu Krieg und Vaterland. Die Farbpalette (Glossar: Zum Inhalt: Farbgestaltung) des Films verweist jedoch deutlich auf die Widersprüche in Ciomas rationalem Überlebensplan: In Beleuchtung (Glossar: Zum Inhalt: Licht und Lichtgestaltung), Szenenbild (Glossar: Zum Inhalt: Production Design/Ausstattung) und Zum Inhalt: Kostüm dominieren kalte Blautöne, immer wieder kontrastiert von warmem Gelb. In seiner Distanz zu anderen wirkt Cioma kühl und unnahbar, seine Gedanken bleiben unausgesprochen und vermitteln sich nur indirekt über Blicke, die in langen halbnahen und nahen Kameraeinstellungen (Glossar: Zum Inhalt: Einstellungsgrößen) fokussiert werden. Dennoch bildet er das Zentrum des Films, Bezugspersonen wie Det oder seine Geliebte Gerda kommen und gehen. Erst im Abspann erfahren die Zuschauenden, dass außer Cioma selbst alle jüdischen Personen aus seinem Umfeld im Holocaust ermordet wurden. Peren fokussiert damit stark auf das unwahrscheinliche Glück eines ambivalenten Helden, der es allein mit genug Dreistigkeit geschafft hat, dem NS-Regime zu entkommen. Der Film läuft so Gefahr, das Grauen der NS-Zeit hinter dem Unterhaltungsaspekt zurücktreten zu lassen.

Ob der Film damit das Schicksal der sechs Millionen ermordeten Juden und Jüdinnen trivialisiert, kann im Anschluss an die Filmsichtung diskutiert werden. Dazu sollte zunächst die Situation der jüdischen Bevölkerung im Deutschen Reich nach 1933 und besonders seit der Wannsee-Konferenz 1941 erarbeitet werden. Unter welchen Bedingungen war es möglich, in einer Stadt wie Berlin zu überleben? Über eine Figurenanalyse können sich die Schüler/-innen an die Filmfigur Cioma annähern. Im Ethik- und Sozialkundeunterricht kann hieran ein Gespräch über Opportunismus und Egoismus anschließen, grundsätzlich negative Eigenschaften, die es aber Cioma, ebenso wie seiner Vermieterin Frau Peters ermöglichten, am Leben zu bleiben. Hätten sie auch andere Handlungsmöglichkeiten gehabt und wenn ja zu welchem Preis?

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