Kategorie: Film
"Und morgen die ganze Welt"
Gewalt und Aktivismus: Drei junge Menschen radikalisieren sich im Kampf gegen Rechtsextreme
Unterrichtsfächer
Thema
Luisa ist 20 Jahre alt, kommt aus einer wohlhabenden Familie und studiert im ersten Semester Jura. In der Schulzeit war sie Mitglied in der Schüler/-innenmitverwaltung und hat sich für Geflüchtete engagiert. Doch das reicht ihr jetzt nicht mehr. Vor dem Hintergrund erstarkender rechtspopulistischer Kräfte möchte sie sich aktiv gegen den Rechtsruck in der Gesellschaft stellen. Über ihre Schulfreundin Batte findet Luisa Kontakt zur linksautonomen Szene in Mannheim. Sie zieht in ein besetztes Haus, nimmt an basisdemokratischen Plena teil und ist auf Demos unterwegs. Die Freundschaft zu Batte gerät ins Wanken, als sich Luisa zu dem attraktiven Alfa hingezogen fühlt und sich ihm und seinem Freund Lenor anschließt. Den beiden jungen Männern genügt friedlicher Protest nicht. Sie wollen mit Sachbeschädigungen und Brandanschlägen gegen rechtsextreme Gruppen vorgehen. Bald sieht auch Luisa Gewaltanwendung als legitimes Mittel des Widerstands an. Doch als die Drei das Munitionslager einer Neonazi-Organisation aufspüren, steht die Splittergruppe vor großen Fragen: Wie weit wollen und können sie gehen, um für ihre Überzeugungen zu kämpfen?
In ihrem Film "Und morgen die ganze Welt" verarbeitet Regisseurin (Glossar: Zum Inhalt: Regie) Julia von Heinz eigene Erfahrungen aus ihrer Zeit in der Antifa (Akronym für Antifaschistische Aktion). Mit vielen Nahaufnahmen (Glossar: Zum Inhalt: Einstellungsgrößen), schnellen Schnitten (Glossar: Zum Inhalt: Montage) und eindringlicher Handkameraführung (Glossar: Zum Inhalt: Kamerabewegungen) ist der Film stets dicht an Luisa dran, vermittelt einen authentisch wirkenden Einblick in die linke Szene und lässt das Publikum die Dringlichkeit des politischen Engagements spüren, wobei die konkreten Beweggründe der Hauptfiguren allerdings nur lose umrissen werden. Die rechtsextremen Gruppen werden dagegen ausschließlich aus der Außenperspektive gezeigt. Wie in Hans Weingartners Zum Filmarchiv: "Die fetten Jahre sind vorbei" (2004) verbindet "Und morgen die ganze Welt" die Geschichte um Politisierung und gewaltbereiten Protest mit einer erotisch aufgeladenen Dreiecksbeziehung. Und ähnlich wie Weingartner nutzt auch Julia von Heinz in ihrem Film die Figur eines ehemaligen linken Aktivisten, um Grundsatzfragen antikapitalistischer beziehungsweise antifaschistischer Bewegungen aufzuwerfen. Gerade weil der Film aber keine klaren Antworten gibt, fordert er das Publikum auf, sich selbst immer wieder aktiv zum Handlungsgeschehen und zu Formen zivilgesellschaftlichen Protests zu positionieren.
"Und morgen die ganze Welt" erzählt von jungen Erwachsenen, die sich innerhalb des linken Spektrums zunehmend radikalisieren. Im schulischen Kontext lassen sich etwa im Fach Ethik die politischen, moralischen oder auch emotionalen Motivationen für die Handlungen der Protagonist/-innen herausarbeiten und bewerten. Eine zentrale Fragestellung des Films ist die nach dem Widerstandsrecht. Im Politikunterricht kann ausgehend von dem im Film ein- und ausgangs zitierten Artikel 20, Absatz 4 des Grundgesetzes das Widerstandsrecht und seine Auslegung diskutiert werden: Wann und mit welchen Mitteln darf Gegenwehr geleistet werden, wenn gegen Verfassung, Recht und Gesetz verstoßen wird?