Zum Inhalt: Los Angeles im Jahr 1995: Der 13-jährige Stevie sieht jünger aus als er ist und lebt zusammen mit seiner alleinerziehenden Mutter Dabney und dem älteren, latent aggressiven Bruder Ian in einfachen Verhältnissen. Ganz Kind seiner Zeit wächst er mit "Turtles"-Bettwäsche und der PlayStation auf. Stevie hat ein Faible für die Lässigkeit der Skaterszene. Da passt es gut, dass der Teenager den etwa gleichaltrigen Ruben trifft, der mit coolen, etwas älteren Jungs in einem Skateshop abhängt: Ray, der im Laden arbeitet und Profi-Skater werden will, der feierlustige Mädchenschwarm "Fuckshit" und der tumb-liebe "Fourth Grade", der die Stunts der Skateboarder mit einem Hi8-Camcorder filmt, werden Stevies neue Vorbilder. Schnell erhält der auf dem Skateboard unerschrockene Junge den Spitznamen "Sunburn" und wird ein festes Mitglied der Clique. Für Stevie beginnt damit ein Lebensabschnitt, in dem er Erfahrungen mit Alkohol, Drogen und Mädchen sammelt.

Mit dem Zum Inhalt: Coming-of-Age-Porträt "mid90s" legt der Schauspieler Jonah Hill sein Erstlingswerk als Regisseur und Zum Inhalt: Drehbuchautor vor. Für das Skript schöpfte der 1983 geborene Hill sicher auch aus eigenen Erinnerungen, was der sorgfältigen Ausgestaltung der Handlungszeit anzumerken ist. Schon der durch die Zum Inhalt: 16mm-Aufnahmen, das altmodisch anmutende Zum Inhalt: 4:3-Format und eingefügte Bildstörungen hergestellte analoge Look verweist auf die 1990er-Jahre. Dazu besteht der Zum Inhalt: Soundtrack neben der Musik von Trent Reznor und Atticus Ross aus zeitgenössischen Stücken der 90er-Jahre von Nirvana, den Beastie Boys oder LL Cool J. Die Zum Inhalt: Jump Cuts und das improvisiert wirkende Spiel des Laienensembles, darunter die Skateboarder Sunny Suljic und Na-kel Smith, verstärken den unmittelbaren Eindruck, den der situative Aufbau erzeugt. Im Vordergrund steht derweil nicht die Nostalgie, die bereits in der Gestaltung mitschwingt, sondern der berührende, gewissermaßen zeitlose Blick für zwischenmenschliche Dynamiken und auf eine Entwicklungsphase, in der es als Teenager darum geht, sich selbst und seine Grenzen kennenzulernen und diese auszutesten.

mid90s, Trailer (© MFA+)

Eine filmsprachliche Untersuchung in den Fächern Deutsch und Kunst sollte die Ästhetik in den Blick nehmen. Jonah Hill stilisiert das Material im Geist von Amateur-Skater-Videos und verleiht den Bildern mit sichtbarer Filmkörnung Patina. Wie prägt der Stil die Rezeption und wie korrespondiert die Form mit dem Inhalt? Die Theorie kann durch eine Kreativaufgabe ergänzt werden, bei der die Schüler/-innen mit ihren Smartphones Videos über ihre eigene Lebenswelt erstellen. Entscheidend sind auch die Auftritte der Laiendarsteller/-innen, die das Geschehen authentisch wirken lassen. In Deutsch oder Englisch bietet "mid90s" eine Analyse der Gruppendynamik innerhalb der fünfköpfigen Skater-Clique. Zwischen der ersten Zigarette, Petting und regem Schimpfwortgebrauch schleichen sich ernste Gespräche ein, in denen die Vorstellungen auseinanderdriften: Ray will sich eine bessere Zukunft erarbeiten, Fuckshit lebt dagegen für den Moment. Thematisiert werden kann auch Stevies Verhältnis zum streitsüchtigen Bruder und der patenten Mutter sowie die filmische Ausgestaltung der damaligen Jugendkultur mit den entsprechenden Kostümen und Dekorationen. Zudem kann anhand des Films der biografische Interpretationsansatz erprobt werden. Hill steckte 1995 im Alter der Hauptfigur. Sein Blick auf die Zeit ist also persönlich gefärbt, was zum verbreiteten Autorenleitsatz "Write what you know" passt.

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