Nora lebt mit ihrem Mann und ihren zwei Söhnen in einem Appenzeller Dorf. Im Jahr 1971 ist im Schweizer Hinterland von den gesellschaftlichen Veränderungen im Zuge der 68er-Bewegung noch nichts zu spüren. Die Männer haben das Sagen und verdienen das Geld, die Frauen kümmern sich um die Hausarbeit. Nora hat gegen diese gesellschaftlichen Normen nie rebelliert. Doch die Ungerechtigkeiten des streng patriarchalischen Systems werden ihr bald bewusst: So will ihr Mann ihr verbieten, sich auf eine Teilzeitstelle zu bewerben, und kann sich dabei auf das Gesetz berufen; Noras minderjährige Nichte kommt derweil ins Gefängnis, nur weil sie sich in den "falschen" Mann verliebt hat. Die privaten Konflikte politisieren Nora, gemeinsam mit anderen Mitstreiterinnen kämpft sie für das Frauenwahlrecht.

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Profunde Recherchen bilden das Fundament des witzigen, charmanten Films über die Anfänge der Frauenbewegung in der Schweiz. Das aus dem Chauvinismus resultierende, aus heutiger Sicht mitunter absurde Verhältnis der Geschlechter vermittelt der Film in satirisch angehauchten Alltagsbeobachtungen. Sehr sorgfältig zeichnet die Regisseurin ihre lebensnahen Figuren, die sich nicht ausschließlich geschlechtsspezifisch in Befürworter/-innen und Gegner/-innen des Frauenstimmrechts unterteilen: Ausgerechnet eine Frau führt das gegnerische Aktionskomitee an. Nur gelegentlich grenzt die Geschichte ans Plakative, wenn etwa die Protagonistin ihr politisches Engagement mit einem Frisurwechsel (Glossar: Zum Inhalt: Maske/Maskenbild) einläutet. Der im Soundtrack (Glossar: Zum Inhalt: Filmmusik) verwendete feministische Song You don’t own me von Leslie Gore unterstreicht kraftvoll die Wandlung der sich emanzipierenden Protagonistin und die sich ausbreitende gesellschaftliche Aufbruchstimmung.

Als ein verdienstvoller Film über die spät einsetzende Frauenrechtsbewegung in der Schweiz bietet "Die göttliche Ordnung" spannende Anknüpfungspunkte zu gesellschaftspolitischen Prozessen und Mechanismen von Unterdrückung und Befreiung. Eine Analyse der Gründe, die dazu führten, dass die Schweiz 1971 als eines der letzten europäischen Länder endlich das Stimmrecht für Frauen einführte, drängt sich dabei ebenso auf wie die Analyse damit einhergehender Veränderungen. Zum Vergleich kann die Situation der Frauen in Deutschland in den 1970er-Jahren herangezogen werden. Davon ausgehend sollte auch diskutiert werden, inwiefern Frauen heute noch in bestimmten Bereichen benachteiligt werden. Bei alldem sensibilisiert der Film für die Fragilität von Frauenrechten in der Gegenwart, die in einem veränderten politischen Klima schnell verloren gehen können, und für die Risiken einer rigiden Rollenteilung, die auch für Männer nicht notwendig von Vorteil ist.

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