Frankreich, 1942. In der von den Deutschen besetzten Zone wird die Modejournalistin Olga, eine adelige Exilrussin, verhaftet, weil sie jüdische Kinder versteckt und die Résistance unterstützt haben soll. Um der Folter zu entgehen, macht sie dem französischen Polizeioffizier Jules ein Angebot: Im Gegenzug für ihre Freiheit gewährt sie ihm sexuelle Verfügbarkeit. Der Nazi-Kollaborateur, privat ein biederer Bourgeois mit Frau und Kind, nimmt bereitwillig an. Doch dann wird er von Widerstandskämpfern getötet. Olga wird in ein Konzentrationslager deportiert. In der Hölle des Lagers trifft sie unerwartet auf einen Bekannten: Helmut, ein feingeistiger junger Deutscher aus adliger Familie, der sich vor Jahren im Urlaub in sie verliebte und inzwischen als überzeugter Nationalsozialist Karriere gemacht hat.

Wie konnten die Gräuel der Nazis geschehen – inmitten der hoch entwickelten Zivilisation Europas? In "Paradies" untersucht der russische Regisseur Andrei Konchalovsky diese Frage auf der Ebene des Individuums, indem er drei Charaktere gegenüberstellt: Angehörige der sozialen Eliten ihrer Länder, die sich auf verschiedenste Weise zur NS-Herrschaft verhalten. Seine Zum Inhalt: Inszenierung zielt dabei überwiegend darauf, das Publikum zur Reflexion anzuregen. Die Kamera fängt das Geschehen in Zum Inhalt: kaum bewegten Zum Inhalt: Schwarz-Weiß-Bildern ein, die dem Umfeld der Figuren, aber auch dem Betrachtenden Raum geben. Immer wieder unterbrechen irritierende Zum Inhalt: Szenen den Erzählfluss, in denen die Figuren in Zum Inhalt: neutraler Kleidung und vor Zum Inhalt: neutralem Hintergrund Rechenschaft über ihre Taten und Gedanken ablegen. Vor welcher Instanz sie dies tun, wird erst am Ende aufgelöst. Zum Inhalt: Jump Cuts und Laufstreifen verleihen diesen Aufnahmen die Anmutung Zum Inhalt: dokumentarischen Materials von Verhörszenen. Mit Zum Inhalt: stummen, traumartigen Zum Inhalt: Sequenzen von Olgas und Helmuts erster Begegnung setzt der Film einen Kontrast zur grausamen Gegenwart im Vernichtungslager.

Paradies, Szene (© Alpenrepublik Filmverleih)

Durch seine ungewöhnliche Multiperspektivität und die sorgfältig distanzierte Inszenierung eignet sich "Paradies" im schulischen Einsatz besonders für eine Figurenanalyse. Ausgehend vom Charakter des SS-Offiziers Helmut bietet der Film darüber hinaus Anlass, die Frage zu erörtern, warum sich auch junge idealistische und intellektuelle Menschen vom Nationalsozialismus angezogen fühlten und zu Tätern wurden. Des Weiteren können die verschiedenen, im Film geäußerten Vorstellungen des titelgebenden Begriffs "Paradies" sowie das Thema Schuld, Sühne und Vergebung auch in einem religiösen Kontext analysiert und diskutiert werden. Formal bildet Konchalovskys Film einen Gegenpol zum aktuell verbreiteten "dokumentarischen" Handkamerastil, der zuletzt etwa den Auschwitz-Film Zum Filmarchiv: "Son of Saul "(2016) prägte. Insofern kann "Paradies" auch gut als Beispiel herangezogen werden, um unterschiedliche filmische Ansätze in der Darstellung des Holocaust zu diskutieren und deren Wirkung zu problematisieren.

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