Etwas abseits der rumänischen Kreisstadt Sfântu Gheorghe liegt ein kleines Roma-Dorf. Hier lebt die Familie Lingurar in sehr einfachen Verhältnissen. Die Häuser sind aus Holz gezimmert, als Transportmittel dienen Pferdegespanne. Tagsüber verrichten die Männer Gelegenheitsarbeiten im Wald oder auf dem Feld (mit der Sense!). Jedes Jahr zur Erntezeit werden größere Einsätze organisiert, dann fährt das ganze Dorf auf einem Lastwagen auf die Felder und sammelt Kartoffeln. Es ist ein beschwerliches Leben. Ganz selbstverständlich sind auch die Kinder an der Bewältigung der täglichen Aufgaben beteiligt, sie sammeln Feuerholz im Wald oder helfen im Garten. An manchen Tagen gibt es nicht genug Essen. Einmal weint die hungrige Tochter: „Nie haben Roma Geld.“

© Arsenal Institut

Christiane Schmidt und Didier Guillain reisten im Jahr 2004 gemeinsam durch Rumänien und lernten dabei die Familie Lingurar kennen. Sie wurden Pateneltern der kleinen Anamaria, regelmäßige Besuche folgten und bildeten das Fundament für ihren Zum Inhalt: Dokumentarfilm. Das besondere Verhältnis zwischen den Filmemachern und den Menschen im Dorf ist durch Christiane Schmidts Nahaufnahmen (Glossar: Zum Inhalt: Einstellungsgrößen) leicht zu erkennen: Ohne Scheu offenbaren sich die Dorfbewohner der Kamera, die Frauen sprechen über Schwangerschaften und das Älterwerden, Männer scherzen miteinander oder schneiden sich gegenseitig die Haare. Diese Aufnahmen wechseln mit prächtigen Totalen ursprünglicher Natur, weiten Feldern, Wäldern und Bergen. Auf Erklärungen wird verzichtet, "Der Wald ist wie die Berge" beschränkt sich auf dokumentarische Beobachtungen. Ohne sichtbare Interventionen lässt der Film die Menschen ihre Geschichten erzählen.

Obwohl sich der Film nicht explizit auf die gesellschaftliche Situation der Roma-Gemeinschaft konzentriert, entsteht ein komplexes Bild der Roma im heutigen Rumänien. So beschwert sich Dorf-Oberhaupt Aron Lingurar über die politische Situation des Landes, in welcher es ihm unmöglich erscheint, am demokratischen Prozess teilzuhaben. Er spricht auch über das Ceauşescu-Regime und wie sich das Leben nach dessen Zerfall 1989 verändert hat. Dieser Aspekt des Films bedarf etwas Vorwissen, das im Geschichts- und Politik-Unterricht vertieft werden kann. "Der Wald ist wie die Berge" ist aber auch ohne Wissen um diese Zusammenhänge ein reiches Dokument dafür, wie sich ein Leben, das hauptsächlich auf manueller Arbeit basiert, heutzutage gestaltet. Eine wesentliche Stütze bildet etwa die Religion. Ihre Funktion zu untersuchen, ist ein weiterer interessanter Diskussionsgegenstand. Ein Aufgreifen der Sinti-und-Roma-Thematik bietet sich im Sozialkunde- und Ethik-Unterricht an, vor allem in Bezug auf verbreitete Vorurteile, denen "Der Wald ist wie die Berge" auf einfühlsame Weise gegenarbeitet.

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