Die 14-jährige Hirut wird 1996 auf dem Heimweg von der Schule von einem Bauern aus ihrem Dorf gekidnappt und vergewaltigt. Das junge Mädchen ist Opfer einer auf dem Lande gebräuchlichen "Telefa" geworden, einer Entführung zum Zwecke der Eheschließung. Doch Hirut kann ihrem Peiniger entkommen und erschießt ihn in Notwehr auf der Flucht. Nach der Festnahme durch die Polizei droht ihr die Todesstrafe. In Addis Abeba erfährt die junge Anwältin und Frauenrechtlerin Meaza Ashenafi von dem Fall des Mädchens, setzt gegen den Widerstand der Behörden die Freilassung Hiruts durch und übernimmt die Verteidigung.

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"Das Mädchen Hirut" ist erst der vierte Film, der in Äthiopien auf 35 mm-Filmmaterial gedreht wurde. In seinem ersten langen Spielfilm verknüpft der äthiopische Regisseur (Glossar: Zum Inhalt: Regie) Zeresenay Berhane Mehari auf der Basis eines realen Falls geschickt zwei Erzählstränge: Während die Anwältin Ashenafi wiederholt mit Schikanen der Behörden und den Denkstrukturen einer patriarchalischen Gesellschaft konfrontiert wird und so in dramatische Situationen gerät, bleibt die Figur Hirut weitgehend passiv und entwicklungsarm. Bezeichnend ist, dass Hirut erschrickt, als sie in Ashenafis Wohnung erstmals ein Telefon läuten hört. In vielen Totalen (Glossar: Zum Inhalt: Einstellungsgrößen) macht die Kamera die ländliche Rückständigkeit von Hiruts Dorf anschaulich, die in scharfem Kontrast zur hektischen Großstadt Addis Abeba (Glossar: Zum Inhalt: Drehort/Set) steht. Etliche Dialoge wirken etwas redundant: Sie buchstabieren aus, was die Bilder schon zeigen.

Im Unterricht gibt der Film viele Anstöße zur Analyse der Lage der Menschenrechte in Afrika und der sogenannten Dritten Welt. Am Beispiel Hiruts kann diskutiert werden, wie in einer patriarchalischen Gesellschaft Grundrechte wie Freiheit und Selbstbestimmung mit traditionellen Normen kollidieren. Der Vergleich von Zum Inhalt: Sequenzen aus Dorf und Großstadt kann dazu genutzt werden, das Spannungsverhältnis zwischen Tradition und Moderne zu erörtern. Im Abspann erfährt man, dass Ashenafis Organisation zwischen 1995 und 2002 mehr als 30.000 Frauen und Kindern geholfen hat und die Regierung nach Hiruts Fall eine mehrjährige Haftstrafe auf Entführungen festgesetzt hat. Warum dauert es dennoch viele Jahre, bis sich eingeschliffene Verhaltensweisen ändern? Und warum ist die Früh- und Zwangsehe nach UN-Angaben weltweit noch immer ein Massenphänomen? Im Fach Ethik legt das Tötungsdelikt nahe, sich intensiv mit dem verhalten in Notwehrsituationen zu beschäftigen.

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