Der ungarische Jude Saul Ausländer ist Teil des sogenannten "Sonderkommandos" im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau. Seine Aufgabe besteht darin, die Mithäftlinge in die Gaskammern zu führen und anschließend ihre Leichen zu verbrennen. Als Saul in einem getöteten Jungen seinen Sohn zu erkennen glaubt, beschließt er, dem Kind eine Beerdigung nach jüdischer Tradition zu ermöglichen. Seine Suche nach einem Rabbiner führt ihn in die verschiedenen Abschnitte des Lagers, während er weiter seine Arbeit innerhalb der Vernichtungsmaschinerie verrichten muss. Zur gleichen Zeit planen Insassen einen Aufstand, wenige Monate vor der Befreiung des Lagers.

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"Son of Saul" beginnt mit einer unscharfen Einstellung, in die Saul buchstäblich eintritt. Von diesem Moment an begleitet der Film seinen Protagonisten in extremen Zum Inhalt: Close-ups, was ein deutlich eingeschränktes Blickfeld zur Folge hat. Die Kamera zeigt lediglich Sauls Gesicht und Rücken, sein Umfeld ist fragmentarisch beziehungsweise unscharf zu erkennen. Auf diese Weise umgeht der Film das ethische Problem, die Schrecken des Lagers zu inszenieren. Sauls Außenwelt wird lediglich über den Zum Inhalt: Off-Ton vermittelt, der die Erzählung trägt und räumliche Zusammenhänge herstellt. So zeigt der Film aus einer stark eingeschränkten Perspektive, wie die Allgegenwart von Gewalt und Tod zum Normalzustand wird, während Saul durch den Versuch, den toten Jungen zu beerdigen, im grausamen Lageralltag an seiner menschlichen Würde festhält.

Als Einführungsfilm in das Thema Holocaust eignet sich "Son of Saul" nur bedingt, da Regisseur László Nemes kaum Hintergrundinformationen liefert. Zudem sollten Lehrende die Schülerinnen und Schüler für die möglicherweise seelisch belastenden Darstellungen sensibilisieren. Aufschlussreich ist der Film jedoch für eine tiefere Auseinandersetzung im Ethik-Unterricht mit der Situation der Häftlinge in den Konzentrationslagern sowie mit der Rolle des jüdischen "Sonderkommandos", das zur Beteiligung an der Ermordung von Mithäftlingen gezwungen war. Begleitend können Memoiren von Shoah-Überlebenden wie Imre Kertész und Primo Levi, vom US Holocaust Memorial Museum bereitgestellte Interviews mit Mitgliedern des "Sonderkommandos" oder Claude Lanzmanns Zum Inhalt: Dokumentarfilm Zum Filmarchiv: "Shoah" in den Unterricht eingebunden werden. Die filmische Umsetzung wirft, ebenfalls im Fach Ethik, die Frage nach der Darstellbarkeit der Shoah auf. So verdeutlichte der Kunsthistoriker Georges Didi-Hubermann in seinem Essay "Bilder trotz allem" (Fink, 2007), auf das sich "Son of Saul" bezieht, die Notwendigkeit, die überlieferten Zeugnisse aus den Konzentrationslagern mit anderen historischen Quellen zu verbinden. Der im Film inszenierte Häftlingsaufstand bietet sich ebenfalls zur historischen Kontextualisierung anhand von Publikationen wie dem aktuellen Band "Aufstand in Auschwitz – Die Revolte des jüdischen 'Sonderkommandos'" (Böhlau, 2015) an.

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