Zwölf Jahre arbeitete der französische Publizist und Filmemacher Claude Lanzmann an seiner neunstündigen Zum Inhalt: Dokumentation "Shoah" über die systematische Vernichtung der europäischen Juden im sogenannten Dritten Reich. Lanzmann verzichtete dabei bewusst auf Archivaufnahmen (Glossar: Zum Inhalt: Found Footage) und konzentrierte sich auf die Zeugenschaft von Menschen, die die Vernichtungslager Chelmno, Auschwitz, Belzec oder Treblinka überlebt haben. Für den Film kehrten sie über 30 Jahre später an die Orte zurück, an denen das Unaussprechliche geschah. Den Aussagen der Überlebenden stellte Lanzmann Interviews mit ehemaligen SS-Angehörigen gegenüber. So liefert "Shoah" nicht nur ein detailliertes Bild von den Grausamkeiten, die sich in den Lagern abspielten. Die Dokumentation beschreibt auch erstmals die logistischen Abläufe in den Todesfabriken, denen sechs Millionen Juden zum Opfer fielen.

Charakteristisch ist der journalistische Stil: Viele der Interviews (Glossar: Zum Inhalt: Talking Heads) zeigen Lanzmann zusammen mit seinen Gesprächspartnern/-innen. Es geht ihm jedoch nicht um den Akt des Sprechens selbst. Der Regisseur möchte die Erfahrung lebendig halten, nicht nur für die Opfer der Nazi-Verbrechen, sondern vor allem für die nachfolgenden Generationen. Hierzu greift er auch ganz bewusst auf Inszenierungsmittel zurück, zum Beispiel wenn er einen ehemaligen Lokführer der Todestransporte in einem fahrenden Zug berichten lässt. Doch auch die Landschaft (Glossar: Zum Inhalt: Drehort/Set) , in der sich die Lager befanden, fungiert als stummer Zeuge. Indem "Shoah" wiederholt die leere, scheinbar unberührte Natur zeigt, liefert Lanzmann ein eindringliches Bild für die Unvorstellbarkeit des Genozids.

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"Shoah" zählt zu den erschütternsten Dokumenten des 20. Jahrhunderts. Wegen seiner eindringlichen Schilderungen eignet sich der Film hervorragend für die Auseinandersetzung mit dem Holocaust. Darüber hinaus wirft er auch philosophische Fragen auf. Im Unterricht kann anhand von Lanzmanns Werk diskutiert werden, inwiefern Augenzeugenschaft zur Vermittlung von Geschichtsbildern beiträgt. Welchen Anteil hat die Erinnerung, im Gegensatz zur wissenschaftlichen Forschung, an der Geschichtsschreibung? Dabei interessiert besonders, nach welchen Kriterien Lanzmann seine Gesprächspartner/innen auswählte. Ferner stellt sich die Frage, was Lanzmann durch seinen Verzicht auf Archivbilder aus den Lagern bewirkt. Aufgrund seiner außergewöhnlichen filmischen Qualität bietet "Shoah" vielseitige Ansätze für die pädagogische Arbeit, auch hinsichtlich der formalen Mittel eines Dokumentarfilms.

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