Fremont, Kalifornien im Jahr 2008. Der 13-jährige Chris, von seiner Familie Dìdi (was in Mandarin so viel wie "kleiner Bruder" bedeutet) und von seinen Freunden Wang-Wang genannt, hat gerade die Grundschule hinter sich gebracht und freut sich auf die Highschool. Doch der Sommer bringt viele Veränderungen mit sich: Chris verliebt sich das erste Mal, erstellt einen Facebook-Account, um mit seinem Schwarm Madi zu chatten, und merkt, wie es seinen bislang besten Freunden ähnlich geht und sie weniger Zeit für ihn haben. Er lernt ältere Skater kennen, vor denen er sich als erfahrener Filmemacher ausgibt, um bei ihnen zu punkten. Zuhause fühlt er sich zunehmend eingeengt: Krach gibt es nicht nur mit seiner Schwester Vivian, sondern auch zunehmend mit seiner Mutter, die ihrerseits versucht, mit der Situation flügge werdender Kinder, einem fernab arbeitenden Mann, eigenen künstlerischen Ambitionen und der streitbaren Schwiegermutter im Haus klarzukommen. Mal mehr, mal weniger schmerzhaft wird Chris bewusst, dass nicht alle Freundschaften von Dauer sind und auch er sich verändert.

In seinem Langfilmdebüt, den er überwiegend mit Laien besetzt hat, erzählt Sean Wang auch seine eigene Geschichte als Asian American, der im Kalifornien der Nuller-Jahre aufgewachsen ist. In dunklen Bildern (Glossar: Zum Inhalt: Licht und Lichtgestaltung), effektvoller Zum Inhalt: Tongestaltung und immer wieder auch dokumentarischer Erzählweise (Glossar: Zum Inhalt: Dokumentarfilm) – gerade auch dann, wenn Chris mit seiner Handkamera selbst Videos dreht, – vermittelt "Dìdi" die Welt eines Jugendlichen, der sich plötzlich in seiner Haut nicht mehr wohlfühlt und sich neu finden muss. Voller Empathie und leisem Humor beobachtet der Film, wie Chris sich in ausgedachte Geschichten verstrickt und im beginnenden Online-Zeitalter versucht, etwa durch Videos auf YouTube, ein Image als "cooler" Teenager zu etablieren. Immer wieder blickt die Kamera zusammen mit der jungen Hauptfigur auf einen alten Windows XP-Bildschirm und spielt mit Detailaufnahmen (Glossar: Zum Inhalt: Einstellungsgrößen) eines blinkenden Cursors oder der Delete-Taste mit den Erwartungen des Publikums, vor allem wenn Chris beim Chat mit Madi ständig seine Sätze umschreibt, bevor er sie abschickt.

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Die Entwicklungsgeschichte von Smartphones und (sozialen) Medien kann anhand von "Dìdi" fächerübergreifend aufgegriffen und diskutiert werden: Die Schüler/-innen können in Gruppen die verschiedenen Plattformen und ihre Geschichte recherchieren. Im Anschluss daran beschreiben sie ihre Darstellung im Film und wie Chris diese Plattformen nutzt. Davon ausgehend diskutieren sie, welche Rolle Instagram, Tik-Tok & Co in ihrem eigenen Leben spielen. Darüber hinaus bietet sich "Dìdi" an, um über die Themen Freundschaft, Erwachsenwerden und Familie als soziales Gefüge zu sprechen. Im Mittelpunkt des Films steht jedoch Chris' Identitätsfindung und seine Auseinandersetzung mit den ihn prägenden Kulturen: Er ist in den USA als Kind taiwanischer Eltern geboren. Was vermittelt der Film über seine Situation? In welchen Momenten wird er mit Vorurteilen oder gar Rassismus konfrontiert, etwa wenn seine Skater-Freunde ihn einmal als "Asian Chris" anfeuern? Und wie geht er mit diesen Zuschreibungen um? Im Sprach- und Kunstunterricht lassen sich die filmästhetischen Mittel untersuchen – vor allem der Einsatz von Licht und Schatten sowie die ausgefeilte Tonebene. Diese Beobachtungen können Schüler/-innen dann – inspiriert von Chris‘ filmischen Experimenten – in eigenen kurzen Filmprojekten umsetzen, wobei sich etwa die Frage "Wer bin ich?" als ein Thema anbietet.

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