Hambacher Forst im Jahr 2018: In bis zu 20 Metern Höhe kraxelt der Blogger und Filmstudent Steffen Meyn auf Seil- und Holzbrücken zwischen den einfachen Baumhäusern des Protestcamps hin und her. Meyn dokumentiert den Alltag der Waldbesetzer/-innen, die eine Rodung des Forstes für einen Braunkohleabbau verhindern wollen, in einer Phase der Eskalation: Räumungsversuche und Massenproteste. Dazu montiert er eine 360-Grad-Kamera auf einen Fahrradhelm und filmt zusätzlich mit seinem Handy und einer DV-Kamera. Meyn versteht sich nicht als Aktivist, sympathisiert aber mit den Protesten und berichtet über sie. Er ringt um eine angemessene Distanz, ist fasziniert vom selbstorganisierten Leben im "Hambi" und den unterschiedlichen Protestformen, insbesondere dem zivilen Ungehorsam. Bei einem groß angelegten Räumungsversuch der Polizei am 19. September 2018 verunglückt Steffen Meyn tödlich, als beim Überqueren einer Hängebrücke eine Holzplanke zerbricht. Trotz seiner Höhenangst hat er in diesem Augenblick ungesichert gefilmt.

Fabiana Fragale, Kilian Kuhlendahl, Jens Mühlhoff, drei befreundete Mitstudierende, bringen Steffen Meyns umfangreiches Videomaterial für den Zum Inhalt: Dokumentarfilm "Vergiss Meyn nicht" in einen eingängigen Rhythmus. Die 360-Grad-Bilder mussten für die Leinwand zugeschnitten werden und sind stark Zum externen Inhalt: weitwinkelig (öffnet im neuen Tab) verzerrt. Sie erinnern so an Aufnahmen von Dash-Cams oder Action-Cams und wirken ungefiltert, unmittelbar und authentisch. Gleich zu Beginn wird die direkte Reaktion auf Meyns tödlichen Unfall durch die Aufnahmen seiner am Boden liegenden Helmkamera gezeigt. Die Frage, wie es zum Unfall kommen konnte, trägt den Film. In nachträglich gefilmten Interviews erzählen sieben Waldbesetzer/-innen über Meyn und reflektieren über ihre eigenen Erfahrungen im Hambacher Forst (Glossar: Zum Inhalt: Drehort/Set): Den eigenen Körper im Protest einzusetzen, haben sie sowohl als lebensbedrohliche Grenzsituation als auch als selbstwirksame Ermächtigung erlebt. Steffen Meyns Familie kommt hingegen in den 102 Filmminuten nicht zu Wort, andere Akteur/-innen aus Polizei, Politik oder Zivilgesellschaft ebenso wenig oder nur am Rande. So zeichnet "Vergiss Meyn nicht" ein eher einseitiges Bild von Steffen Meyn und den Protesten für den Hambacher Forst.

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"Vergiss Meyn nicht" eignet sich insbesondere für den Einsatz bei Projekttagen zum Thema Klimaprotest. Fächerübergreifend sollten die Bedeutung des Hambacher Forstes für die Klimabewegung in Deutschland und der aktuelle Stand der Besetzung recherchiert werden. Militanz und passiver Widerstand werden als Protestformen fortlaufend im Film debattiert. Hier bietet es sich an, im Politik- oder Geschichtsunterricht anzuknüpfen, allgemein zur Geschichte der Umweltbewegung zu recherchieren und aktuelle Aktionen der Letzten Generation zu diskutieren. Staatsgewalt, Polizeigewalt, Gewalt gegen die Polizei und innerhalb der Gruppe der Aktivist/-innen werden im Film angesprochen. Dies legt eine Analyse des Gewaltbegriffs und der unterschiedlichen Phänomene im Ethik-, Philosophie- oder Religionsunterricht nahe. Zudem sollte der Umgang mit dem drastischen Filmmaterial um den Tod von Meyn problematisiert werden. Ist es vertretbar, dieses Material einzusetzen? Welche Wirkung und dramaturgische Funktion hat es und rechtfertigt die künstlerische Freiheit essen Einsatz? Im Geografieunterricht können historische Karten mit aktuellen Satellitenbildern von Tagebaugebieten in Deutschland verglichen und die Folgen des Tagebaus für Umwelt und Klima herausgearbeitet werden.

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