Kategorie: Film
"Märzengrund"
Ein junger Mann begreift, dass er nur in der Natur frei sein kann. Er ist hin- und hergerissen zwischen dem Leistungsdruck seiner Familie und seinen Liebesgefühlen
Unterrichtsfächer
Thema
Eine gesicherte Zukunft liegt vor Elias: Als einziger Sohn des wohlhabendsten Großbauern im Zum Inhalt: Zillertal wird er einmal den Hof erben. Aber der in sich gekehrte Elias fühlt sich fremd in dieser hemdsärmeligen, profitorientierten Welt, in der alle Wege für ihn schon vorgezeichnet scheinen. In Moid, einer geschiedenen Frau und damit aus der Gesellschaft Gefallenen, findet er eine Seelenverwandte. Doch seine Eltern unterbinden diese zarte erste Liebe brüsk. Elias wird krank, der Arzt diagnostiziert "Schwermut". Sein Vater schickt ihn zur Rosskur hinauf auf die Alm, den Märzengrund, damit er wieder zu Sinnen kommt. In Einsamkeit und rauer Natur findet Elias endlich zu sich – doch anders, als von ihm erwartet: Er begreift, dass er nur jenseits der Gesellschaft frei und glücklich sein kann. 40 Jahre lebt er in der Abgeschiedenheit der Berge, bis ihn eine schwere Krankheit wieder zurück in die Zivilisation zwingt. Doch Elias Drang nach Freiheit bleibt auch im Alter kompromisslos.
Auf verschiedenen Zeitebenen – des alten Elias von heute und des 18-Jährigen 1968 – erzählt die Geschichte von einem Freiheitsdrang, der keine Episode der Jugend ist, sondern im Alter ungebrochen besteht. Für seine großen Themen Freiheit, Selbstbestimmung und alternative Lebensweisen findet der Regisseur zusammen mit seinem Kameramann eine eindrückliche visuelle Sprache: Bilder für das Gefühl von Liebe und Fremdheit in der Welt, Naturaufnahmen, die von Freiheit erzählen. Auf der Wortebene werden die Bilder mit sorgsam reduzierten Zum Inhalt: Voice-Over und Dialogen flankiert, um den Horizont des Themas jenseits bekannter Diskurse zu öffnen. Immer wieder verlässt der Film eine rein rationale Erzählweise – etwa wenn Elias in seiner Abgeschiedenheit Gespräche mit Menschen führt, die vom rationalen Standpunkt nicht "real" sein können. In diesen Momenten übernimmt der Film das Ir-Rationale, Meta-Physische, dem sich der Protagonist in seinem Leben jenseits der gesellschaftlichen Normen öffnet.
In welcher Welt wollen wir leben? Wie frei kann man als Individuum innerhalb der Gesellschaft sein? Und kann es ein richtiges Leben im falschen geben? Diese Fragen stellt sich jede junge Generation neu, aber sie bleiben im Kern die zentralen menschlichen Fragen, die Zeit und Alter überdauern. Die Frage nach einem Leben im Einklang mit der Natur erhält aktuell mit Blick auf den Klimawandel als Folge unserer Lebensweise eine besondere Dringlichkeit. Der Film verhandelt einen radikalen Freiheitsbegriff. Wenn individuelle Freiheit dort aufhört, wo die Freiheit der anderen anfängt – ist absolute Freiheit also nur um den Preis eines Lebens jenseits der Gesellschaft möglich? Und findet sie im Selbstmord seine logische Konsequenz? Mit Blick auf die partiell metaphysische Erzählweise kann die Frage nach einem "verlässlichem Erzählen" diskutiert werden: der Anspruch, dass der Film markiert, wenn etwas gezeigt wird, dass nicht "real" sondern "imaginiert" ist.