Im Amazonasregenwald bestellt der alte Pixinga sein Land. Die idyllischen Bilder der naturnahen, kleinbäuerlichen Bewirtschaftung werden durch metallene Geräusche gestört. Die Natur und damit der Lebensunterhalt der Familie sind durch die Carajás, die größte Erzmine der Welt, gefährdet. Viel von diesem Erz wird im Stahlwerk des süditalienischen Tarents weiterverarbeitet. Das Werk ist der wichtigste Arbeitergeber der Stadt. Dennoch setzt sich die Kinderärztin Grazia für dessen Schließung ein, da es tagtäglich enorme Mengen des Umweltgiftes Dioxin ausstößt. Dioxin kann zu chronischen Lungenkrankheiten und Krebs führen. Kinder sind besonders betroffen. Beinahe surreal erscheint der Blick nach Deutschland. Im Zentrum der alten Schwerindustrie entsteht der Landschaftspark Duisburg, der sowohl ein Industriedenkmal als auch ein Raum für Sport, Kultur und seltene Tiere wie die Kreuzkröte geworden ist. Projektmanager Egbert arbeitet gerne mit an der Transformation. Er plädiert für ein gesellschaftliches Umdenken und reduziert den eigenen CO2-Ausstoss, wo es geht – unterdessen träumen seine erwachsenen Kinder von einer neuen Vespa im Retro-Stil.

Die Regisseurin Chiara Sambuchi ordnet die unterschiedlichen Lebens- und Arbeitswelten nicht durch einen Zum Inhalt: Off-Kommentar ein. Sie begleitet ihre Protagonist/-innen in alltäglichen Situationen und verzichtet weitgehend auf Zum Inhalt: Talking Heads. Allein Zum Inhalt: Texttafeln vor dem Zum Inhalt: Abspann liefern konkrete Zahlen zu den drei vorgestellten Großprojekten. Die Zum Inhalt: Tongestaltung ist insbesondere zu Beginn des Films auffällig: Eine längere Ton-Bild-Schere irritiert, wenn ein unangenehmes Hintergrundgeräusch im Bild keine Entsprechung in den harmonisch wirkenden Naturaufnahmen findet, und regt so zur Reflexion der Machart des Films an. Die untermalende Zum Inhalt: Filmmusik und die Zum Inhalt: Farbgebung geben weitere Hinweise darauf, wie sich die Filmemacherin positioniert. Die Aufnahmen im Ruhrgebiet sind in hoffnungsvollen Grüntönen gehalten, wo hingegen in den Zum Inhalt: Szenen aus Tarent kalte Grau- und Blautöne vorherrschen. Darüber hinaus lässt die filmische Zum Inhalt: Montage einen kausalen Zusammenhang zwischen den Privilegien in Deutschland und den Nöten in Italien und Brasilien vermuten.

Die Geister, die ich rief – Wege des Stahl, Trailer (© EZEF)

Um sich dem Film in den Fächern Politik/Gemeinschaftskunde, Geografie oder Ethik anzunähern, ist es sinnvoll, den Begriff der Globalisierung einzuführen und anhand der drei Drehorte des Filmes die Lieferkette von der Rohstoffgewinnung über die Stahlproduktion bis zur Fertigung und den Export von Endprodukten anschaulich zu machen. Daran anknüpfend können Kleingruppen die fehlenden Hintergrundinformationen zu den Großprojekten recherchieren und ihre Ergebnisse als Kurzvortrag oder Sprachnachricht mit dem Lerngruppe teilen. Auf dieser Grundlage sollten anschließend ethische und politische Fragen diskutiert werden: Ist es vertretbar, Umweltlasten aufzulagern? Wie können Lieferketten sozialgerecht und umweltverträglich gestaltet werden? Was bedeuten die Begriffe Generationen- und Verteilungsgerechtigkeit? Abschließend kann der beobachtende Stil, die Haltung der Filmemacherin und das filmästhetische Mittel der Ton-Bild-Schere anhand der ersten Szene des Filmes herausgearbeitet werden. Dazu bietet es sich an, den Filmanfang einmal mit und einmal ohne Ton abzuspielen.

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