Er wolle "eine arme Kirche für die Armen", verkündet der Argentinier Jorge Mario Bergoglio, wenige Tage nachdem er am 13. März 2013 zum Papst gewählt worden ist. Er ist der erste Lateinamerikaner im höchsten Amt der römisch-katholischen Kirche und bekleidet es mit ebenso unkonventioneller wie demonstrativer Bescheidenheit: Statt im Apostolischen Palast wohnt er im Gästehaus, das Kreuz um seinen Hals ist aus Eisen, nicht aus Gold. Demgemäß benennt er sich nach dem heiligen Franz von Assisi, der nach Jesu Vorbild in strikter Armut lebte. Regisseur Wim Wenders – in den 1970er-Jahren eine Schlüsselfigur des Neuen Deutschen Films – charakterisiert Papst Franziskus in seinem Zum Inhalt: dokumentarischen Porträt als entschlossenen Kritiker von Umweltzerstörung und ökonomischer Ungleichheit im Zeichen des globalen Kapitalismus. Einer abgeschotteten Machtzentrale in Rom setzt Franziskus eine Kirche entgegen, die die Nähe zu den Menschen sucht – insbesondere zu jenen, denen gesellschaftliche Teilhabe verwehrt wird.

Im Zum Inhalt: Voice-over führt Wenders selbst durch den Film und lässt dabei keinen Zweifel daran, dass er in Papst Franziskus einen Hoffnungsträger sieht. So ist sein Film weniger eine differenzierte Auseinandersetzung als vielmehr eine offenkundige Hommage, in der mit den Mitteln des Zum Inhalt: Propagandafilms gearbeitet wird, um diese Auffassung zu stützen. In Zum Inhalt: Interviews führt Franziskus seine Positionen aus und adressiert das Publikum dabei durch den direkten Zum Inhalt: Blick in die Kamera. Seine Worte sind wahlweise mit den bewegten Gesichtern seiner Anhänger/-innen auf der ganzen Welt unterlegt oder mit Bildern, die ihn im Kontakt mit Armen, Kranken und "Ausgestoßenen" zeigen – und so den Beweis dafür liefern sollen, dass er „ein "Mann seines Wortes" ist. Mit einer alten Handkurbelkamera in Zum Inhalt: Stummfilm-Ästhetik gedrehte Spielfilm- Zum Inhalt: Sequenzen stellen zudem die Geschichte Franz von Assisis nach. Eine Überblendung der Figur Assisis in den heutigen Vatikan verbildlicht die These, dass dessen Vermächtnis durch Franziskus weiterlebe.

Papst Franziskus – Ein Mann seines Wortes, Trailer (© Universal Pictures)

Im Unterricht kann der Film als Grundlage für eine Beschäftigung mit der katholischen Kirche der Gegenwart und dem Profil von Papst Franziskus dienen. Ausgehend von seinen Standpunkten bietet sich eine Diskussion darüber an, wie eine zeitgemäße Kirche aussehen und welche gesellschaftliche Rolle ihr zukommen kann. Der Film schneidet zahlreiche wichtige Themen wie soziale Gerechtigkeit, Gleichberechtigung und Umweltschutz an, beschränkt sich dabei aber auf eine einseitige und verkürzte Darstellung. So plädiert Franziskus etwa dafür, dass Frauen in der Kirche mehr Macht zukommen soll. Ausgeblendet wird jedoch, dass er sich weiterhin klar gegen eine Zulassung von Frauen zur Priesterweihe positioniert. Es sollten im Unterricht daher zusätzliche Materialien und Stimmen herangezogen werden, um ein differenzierteres Bild zu zeichnen. In jedem Fall sollte kritisch auf die formale Strategie des Films eingegangen werden. Besonders problematisch erscheint die Zum Inhalt: Bildästhetik in einer Sequenz, die eine Fahrt des Papstes im "Papamobil" entlang seiner jubelnden Anhängerschaft zeigt (die Bilder stammen aus der Presseabteilung des Vatikans). In seiner Form weist der Ausschnitt eine deutliche Nähe zu Leni Riefenstahls Zum Inhalt: Inszenierung im Propagandafilm "Triumph des Willens" (D 1935) auf.

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