Kategorie: Filmbesprechung
"Beach Rats"
Coming-of-Age-Film: Ein Teenager in Brooklyn und seine Suche nach sexueller Identität
Unterrichtsfächer
Thema
Frankie lässt sich treiben. Die Schule scheint nicht so wichtig zu sein, Hobbys haben er und seine Freunde auch kaum. Man hängt herum, trinkt, raucht, schaut den Mädchen hinterher, am liebsten am Strand. Der zweite Film der New Yorker Independent-Regisseurin (Glossar: Zum Inhalt: Regie) Eliza Hittman spielt im südlichsten Zipfel von Brooklyn (Glossar: Zum Inhalt: Drehort/Set), zwischen Brighton Beach und dem Vergnügungspark Coney Island. "Beach Rats" beschreibt dieses Viertel zwar nicht als "Brennpunkt", aber doch als ärmliche Gegend, in der man als Jugendlicher aus der engen Familienwohnung auf die Straße flüchtet – vor allem, wenn man ein Geheimnis hat. Dass er schwul ist, traut sich Frankie niemandem zu sagen, schon gar nicht seinem tendenziell homophoben Freundeskreis. Zum Schein geht er gar eine Beziehung mit der gleichaltrigen Simone ein, trifft sich nachts jedoch heimlich mit älteren Männern, die er in einem Schwulen-Chat kennen lernt.
"Beach Rats" findet vor allem durch seine stringente Bildästhetik (Glossar: Zum Inhalt: Bildkomposition) im 16mm-Filmformat (Glossar: Zum Inhalt: Bildformate) einen interessanten Zugang zum Zum Inhalt: Coming-of-Age-Film und zum Motiv der Suche nach sexueller Identität. Die stets etwas unruhige Handkamera (Glossar: Zum Inhalt: Kamerabewegungen) zeigt viele Großaufnahmen (Glossar: Zum Inhalt: Einstellungsgrößen) oder fokussiert einzelne Körperpartien der muskulösen Teenager, die in ihren Bewegungen zwischen Coolness und Unbeholfenheit schwanken. Die Low-Key-Ausleuchtung (Glossar: Zum Inhalt: Licht und Lichtgestaltung) während Frankies nächtlicher Erkundungen der Cruising-Areas am Küstenstreifen und der Synthie-Soundtrack (Glossar: Zum Inhalt: Filmmusik) geben dem Film eine melancholische Atmosphäre. Dass Frankie ein Drifter ist, ständig in Bewegung, voller Unbehagen, an einem Ort zu verweilen, spiegelt auf der Handlungsebene sein aufgewühltes Innenleben. Als Figurentypus steht er damit in einer langen Kino-Tradition, die von Fellinis "Die Müßiggänger" (Italien 1953) über das Zum Inhalt: New Hollywood bis zum zeitgenössischen Independent-Film reicht.
Der umgangssprachliche Ausdruck "beach rats", der im Film nie wörtlich fällt, beschreibt nicht nur eine Vorliebe für den Strand, sondern genau jene (jugendliche) Tendenz zum Müßiggang. Im Englischunterricht kann eine Recherche zur Bedeutung des Filmtitels (etwa im "Urban Dictionary") als Einstieg für eine Figurenanalyse genutzt werden. Im Mittelpunkt sollte anschließend Frankies unausgesprochenes Gefühlsleben stehen, seine Identitätssuche und die Gründe, warum er selbst verständnisvollen Personen gegenüber ein Coming-out vermeidet. In diesem Zusammenhang können die Schüler/-innen auch einen Satz von Frankies Freundin Simone diskutieren, der die teils latente, teils offene Intoleranz seines Umfelds illustriert: "Wenn zwei Mädchen sich küssen, ist das heiß. Wenn zwei Typen sich küssen, ist das einfach nur schwul." Eine genaue Auseinandersetzung mit der Zum Inhalt: Mise-en-Scène von Eliza Hittman und der Musik von Nicholas Leone ist dabei für die Filmanalyse unverzichtbar, da ein Großteil der Handlungskonflikte nicht in den Dialogen, sondern in der Bildsprache verhandelt wird.