Das Mädchen ist außer sich: "Du bist doch selbst Regisseur! Dann weißt du auch, wann ein Film unzeigbar ist!" Die 10-Jährige dreht in der Schule einen Film, allerdings unter strengen Auflagen. Sie soll "Schwarzmalerei" vermeiden und die Realität nur zeigen, wenn sie schön ist. Ihr Onkel – der iranische Filmemacher Jafar Panahi – lächelt milde. Seine Filme dürfen im Iran nicht gezeigt werden, seit seinem Protest gegen die iranische Regierung im Jahr 2010 steht er unter Hausarrest. Nun fährt er mit einem Taxi durch Teheran und verwandelt den Innenraum des Wagens in ein Filmstudio. Menschen steigen ein und aus, eine auf das Armaturenbrett montierte Minikamera filmt mit: zwei Fahrgäste debattieren über die Scharia, ein Schwarzhändler versorgt Kunden mit Arthouse-Filmen und die Menschenrechtsanwältin Nasrin Sotudeh spricht über die Haftbedingungen im Iran. Das Taxi wird zum Mikrokosmos der iranischen Gesellschaft, die Panahi mit leisem Humor porträtiert.

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"Taxi Teheran" ist Zum Inhalt: Roadmovie, Zum Inhalt: Kammerspiel und Zum Inhalt: Dokudrama zugleich. Panahi arbeitet mit Laiendarsteller/-innen, ihre Dialoge setzen die Themen seines Films: die Diskriminierung von Frauen, die Todesstrafe und die politische Zensur, von der der Regisseur unmittelbar betroffen ist. Mit seiner ausgeklügelte Zum Inhalt: Mise-en-scène im Wageninneren behält Panahi stets die Kontrolle. Als Regisseur und Fahrer sitzt er im doppelten Sinne am Steuer. Ein ums andere Mal positioniert er die Kamera neu – ein vielsagendes Bild für die Allgegenwart staatlicher Überwachung. Allerdings dient ihm die Kamera nicht als Mittel der Repression, sondern im Gegenteil als Mittel des freien Ausdrucks. So wechselt der Film mehrmals die Perspektive, zur Handykamera eines Fahrgastes oder zur Digicam von Panahis Nichte, und eröffnet somit neue Sichtweisen.

"Taxi Teheran" ist Panahis mittlerweile dritter Film, den er seit seiner Verhaftung realisiert hat und außer Landes schmuggeln ließ. Er ist somit ein guter Ausgangspunkt, um sich mit dem Werk des Regisseurs und der Situation regimekritischer Künstler im Iran zu beschäftigen. Dabei sollte auch herausgearbeitet werden, mit welchen Mitteln Panahi seine Kritik an der iranischen Regierung filmisch umsetzt. Ein besonderes Augenmerk ist hier auf die Szenen zu richten, in denen der Regisseur seine eigene Situation reflektiert. So fungiert "Taxi Teheran" als filmisches Essay über das Filmemachen sowie als Anklage gegen Zensur, besonders in den Szenen, in denen sich Panahis Nichte mit gespieltem Furor über die Zensurauflagen lustig macht. Das offene Ende des Films, in dem die Kamera eine entscheidende Rolle spielt, lädt zu Interpretationen ein.

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